Südafrika: Neue Freiheit, alte Armut

Heft 3 / 2009

Mit dem Ende der Apartheid haben Schwarze in Südafrika neue Freiheiten und Chancen gewonnen. 15 Jahre politische Gleichberechtigung und Demokratie haben aber nur wenig an der sozialen Ungleichheit geändert. Während südafrikanische Unternehmen mit ihren Produkten den gesamten Kontinent erobern, lebt die Mehrheit der Schwarzen trotz Sozialprogrammen noch immer in Armut; nur langsam bildet sich eine Mittelschicht heraus.
Südafrika

Heftschwerpunkt

Ende 2007 hat der ANC Jacob Zuma anstelle von Thabo Mbeki zu seinem Vorsitzenden gewählt und im September 2008 Mbeki zum Rücktritt als Staatspräsident gedrängt. Daraufhin haben Unterstützer Mbekis eine neue Partei gegründet, den „Congress of the People" (COPE). Auch wenn dabei persönliche Rivalitäten eine größere Rolle gespielt haben als programmatische Gegensätze, eröffnet die Abspaltung Aussichten auf das Ende der unbestrittenen Vorherrschaft einer Partei.
Südafrikanische Supermarktketten, Banken, Mobilfunk-Anbieter und Bergbaukonzerne haben sich seit dem Ende der Apartheid in vielen Ländern Afrikas niedergelassen. Die Firmen sorgen in anderen afrikanischen Staaten zwar für Wachstum und günstige Preise. Lokale Unternehmen fühlen sich von der starken Konkurrenz aber zunehmend an den Rand gedrängt.
Der Karikaturist Jonathan Shapiro wird von ANC-Chef Jacob Zuma belangt
In Südafrika war die schwarze Bevölkerungsmehrheit bis 1994 politisch weitgehend rechtlos und wirtschaftlich und sozial diskriminiert. Heute, 15 Jahre nach dem Ende der Apartheid, lebt noch immer ein großer Teil der Schwarzen in Armut.
Seit dem Ende der Apartheid verzeichnen charismatische Kirchen und Pfingstkirchen in Südafrika einen starken Zulauf, vor allem unter Schwarzen aus der neuen Mittelschicht. Ihre Botschaft nimmt das herrschende Gesellschaftssystem, den Konsumkapitalismus, kritiklos hin und bietet den Gläubigen keinerlei alternative Werte an.
Die Regierung von Nelson Mandela wollte 1994 innerhalb von fünf Jahren dreißig Prozent des Agrarlandes in weißem Privatbesitz an die schwarze Mehrheitsbevölkerung umverteilen. Davon kann heute keine Rede mehr sein: Die Landreform in Südafrika kommt kaum voran. Nötig wäre aber eine umfassende Agrarreform, die nicht nur die ungerechte Landverteilung korrigiert, sondern die gesamte Landwirtschaft stärkt.
Südafrika bietet Frauen gleiche Rechte - aber nur auf dem Papier. In Wirklichkeit ist ihr Risiko, Opfer einer Vergewaltigung zu werden, größer als in jedem anderen Land der Erde.
Südafrikas Verfassung garantiert das Recht auf soziale Sicherheit. Das Land besitzt ein System der sozialen Sicherung von der beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung bis hin zur steuerfinanzierten Altersrente. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist dennoch gewaltig. Die südafrikanische Sozialwissenschaftlerin Isobel Frye hält ein bedingungsloses Grundeinkommen für das wirkungsvollste Instrument im Kampf gegen Armut und Ungleichheit.

Welt-Blicke

Ecuadors junger Präsident Rafael Correa hat die besten Aussichten, bei den vorgezogenen Neuwahlen im Amt bestätigt zu werden. Doch wie weit er seine Versprechen einlöst, die krassen Unterschiede zwischen arm und reich zu überbrücken sowie den Parteienfilz durch die umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu ersetzen, muss sich erst noch zeigen.
Die Kooperation der protestantischen Entwicklungsorganisation Brot für alle mit dem römisch-katholischen Hilfswerk Fastenopfer in der Schweiz feiert ihr 40. Jubiläum. Zu ihrem Erfolg hat das Engagement in Gemeinden erheblich beigetragen.
Es war schon merkwürdig, welche Themen des Weltsozialforums in der brasilianischen Tagespresse für Schlagzeilen sorgten ...
Mehr als hunderttausend Teilnehmende aus aller Welt haben die rund viertausend Veranstaltungen des diesjährigen Weltsozialforums im brasilianischen Belém besucht. Kontrovers debattiert wurde unter anderem der Beitrag des Forums, das zur Zeit jährlich stattfindet, zu mehr Kooperation zwischen den Ländern des Südens - ein Anspruch, der seit seiner Gründung 2001 erhoben wird.
Zwischen 1996 und 2006 sollen sich etwa 150.000 indische Bauern das Leben genommen haben. Allein 2007 waren es laut Medienberichten 16.632. Diese Suizide haben auch international Aufsehen erregt. Doch trotz zahlreicher Gutachten von Expertenkommissionen zeigt sich die Regierung unfähig, etwas dagegen zu unternehmen. Ihr 2008 verkündeter Schuldenerlass schadet eher noch.

Standpunkte

Internationale und interkulturelle Zusammenarbeit ist im Bereich Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion ständig mit Grenzen konfrontiert. Grenzsteine zu überschreiten und zu versetzen ist mitunter gefährlich, aber es lohnt sich. Denn dafür ist nicht nur ein „Standpunkt" gefragt und der Respekt für das Trennende, sondern die Bereitschaft, gemeinsam einen Weg zu gehen.
Der Machtkampf in Simbabwe ist in eine neue Phase eingetreten. David A. Chimhini, Parlamentsabgeordneter des MDC, ruft das Ausland zu Hilfe für das Land auf. Die gemeinsame Regierung seiner Partei mit der Zanu-PF hält er nur für eine Übergangslösung. Das Gespräch mit Chimhini fand wenige Tage vor der Einigung zwischen beiden Seiten statt.

Journal

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Süd-sichten

1948 war für Israelis und Palästinenser ein schicksalhaftes Jahr. Was die einen als Gründung eines eigenen Staates feiern, ist für die anderen der Beginn von Flucht und Vertreibung. Die israelische Friedensinitiative Zochrot („Erinnern“), in der Juden und Araber seit 2002 zusammenarbeiten, will die jüdische Bevölkerung an die Schattenseite von 1948 erinnern – und stößt damit häufig auf taube Ohren, wie Umar Ighbarieh berichtet.
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