Religionen

Maren Gröschel für welt-sichten

Der Papst ruft zu Umwelt- und Klimaschutz auf, radikale Hinduisten beeinflussen Wahlausgänge in Indien, Kirchen in Afrika wollen Gesetze gegen sexuelle Minderheiten: Religionsgemeinschaften nehmen politisch Einfluss. Weniger sichtbar, aber nicht minder wichtig sind ihre Einsätze für Katastrophenhilfe, gegen Armut und für Frieden.

Aktuell zum Thema

Kirche und Ökumene
Ein neues Gesetz stellt Religionsgemeinschaften in Indonesien Konzessionen für den Bergbau in Aussicht. Die größte Muslimorganisation des Landes ist begeistert, andere sind zurückhaltender. Die Kirchen lehnen das Angebot ab.
Ohne zu verstehen, woran Menschen glauben und welche Folgen das hat, lässt sich keine vernünftige Außen- und Entwicklungspolitik machen. Gerät das in der Bundesregierung in Vergessenheit? Eine Spurensuche.

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Rufende Demonstranten mit Fahnen und Pfeifen.
Kenia
Kenias Kirchen werfen Präsident William Ruto vor, das Volk zu belügen und falsche Versprechungen zu machen. Die Bevölkerung müsse sich gegen unfähige Parlamentarier wehren und der Korruption ein Ende setzen.
Mann hat das Gesicht als Fahne bemalt und schwingt eine Fahne vor anderen Demonstranten.
Indonesien
In Indonesien plant die neue Regierung erneut Binnenmigration. Indigene Christen in West-Papua befürchten, dass damit die lokale Bevölkerung weiter marginalisiert wird und die Bodenschätze geplündert werden.
An einer Straße steht seitlich eine Gruppe von Frauen, in der Mitte ein Mopedfahrer. Die ganze Stadt ist in einer grauen Smogwolke eingehüllt.
Pakistan
Während die Verhandlungen der Staaten auf der COP 29 kaum vorankommen, wächst das gemeinsame Engagement von Religionsgemeinschaften für Umwelt- und Klimaschutz. In Pakistan ist der Smog ein Anstoß dafür.

Gut zu wissen

Religionen weltweit
Verliert der Glauben an Bedeutung?
In Debatten über wirtschaftliche Entwicklung kommt Religion selten vor. Dabei spielen etwa in Afrika und Südasien Religionsgemeinschaften eine viel größere Rolle im sozialen und politischen Leben als in Europa und Nordamerika. Es ist falsch zu denken, der globale Süden folge einfach einem Säkularisierungstrend in den Industrieländern.

 

Drei Aspekte von Säkularisierung muss man dabei unterscheiden: die Trennung von Staat und Religion, die Zurückdrängung der Religion aus dem sozialen Leben ins Private sowie den Rückgang des persönlichen Glaubens. Befunde zu den Trends sind zwiespältig. 

Umfragen des Pew Research Center haben ergeben, dass sich mit Zunahme des Wohlstands im Schnitt weniger Menschen zu einer Religion bekennen oder sie praktizieren. Aber die Bevölkerung wächst da stark, wo Menschen sehr religiös sind, besonders in Afrika, und schrumpft da, wo viele nicht Religiöse leben – die meisten finden sich in China. Daher schätzt das Pew Center, dass der Anteil der religiös Ungebundenen zwar in Europa und Nordamerika weiter steigen, global aber sinken wird: von etwa 16 Prozent der Weltbevölkerung 2010 auf 13 Prozent 2050. Der Anteil der Christen bleibt danach bei gut 31 Prozent, von denen 2050 ein größerer Teil in Afrika lebt als heute; der Anteil der Hindus bleibt konstant bei etwa 15 Prozent. Der Anteil der Muslime wird laut Pew von 23 auf fast 30 Prozent wachsen.

Auch beim sozialen und politischen Einfluss von Religion beobachtet man widersprüchliche Trends. So sind in vielen muslimischen Ländern und im Sahel, aber auch unter Christen in den USA, in Afrika und Lateinamerika fundamentalistische Strömungen entstanden, die zum Beispiel Frauenrechte oder den Schutz für sexuelle Minderheiten zurückdrängen wollen. Manche Religionsgemeinschaften lassen sich für Wählermobilisierung einspannen und beeinflussen so, wer ein Land regiert, etwa in der Türkei, Brasilien und Indien. Einige legitimieren Gewalttaten oder „heilige Kriege“, andere setzen sich für Frieden ein. Und Regierungen beschränken die Freiheit von Religionsgruppen, die ein Machtfaktor werden könnten – so China und manche Staaten der islamischen Welt, die sich auf den Islam berufen und ihn zugleich ans Gängelband nehmen.

Religionsunterschiede spielen in vielen Konflikten eine Rolle, besonders wo sie mit ethnischen Unterschieden zusammenfallen wie in Nigeria. Zugleich tragen Religionsgemeinschaften oft zur Beilegung solcher Konflikte bei. Sie unterhalten in vielen Entwicklungsländern Krankenhäuser und Schulen. Und religiöse Würdenträger haben aufgrund ihres lokalen Ansehens Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg von Entwicklungsvorhaben und auf den Wandel sozialer Normen, etwa bei Frauenrechten. Nicht zuletzt deshalb versuchen auch staatliche Entwicklungsagenturen, sie einzubinden. Mit dem sozialen Wandel verändert sich die Rolle der Religionsgemeinschaften in Gesellschaft und Politik. Aber sie werden eigenständige Kräfte bleiben.
 

Hintergrund

In allen Religionen ist Frieden ein hoher Wert – auch wenn sich in allen Auslegungen finden, die Gewalt rechtfertigen. Und religiös motivierte Friedensstifter genießen als Vermittler oft besonderes Vertrauen.

Infografik

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In Kenia benutzen Geistliche und Politiker sich gegenseitig für ihre Zwecke. Vertreter der anglikanischen und der katholischen Kirche sehen das kritisch, die Führer jüngerer evangelikaler Kirchen haben weniger Skrupel.

Tipp

Eine junge Frau heiratet drei Brüder, und als ihr Lieblingsmann vermisst wird, bricht sie mit dem zweiten Mann auf, ihn zu suchen. Das bildgewaltige Drama zeigt auch eine spirituelle Sinnsuche und reflektiert Glaubensvorstellungen des Buddhismus.
Die Dokumentarfilmerin Snow Hnin Ei Hlaing begleitet eine buddhistische Hebamme und ihre muslimische Auszubildende vom Volk der Rohingya, die trotz religiöser und ethnischer Spannungen sowie Kämpfe im Bundesstaat Rakhaing im Westen Myanmars kooperieren.
Titelbild Wo Macht sich kaufen lässt
Bestechung, Schmiergeld und Unterschlagung sind in armen Ländern weit verbreitet. Manchmal wird die Staatskasse regelrecht geplündert wie in Mosambik. Reiche Staaten sind aber nicht unbedingt sauber; in China und den USA etwa herrschen nur andere Formen der Korruption vor. Doch überall kann man etwas gegen Korruption tun – Vorbeugung in Hilfsprojekten ist ein Beispiel.
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Die Menschenrechte gelten für alle. In der Praxis aber werden sie von repressiven Regierungen oder durch entwürdigende Lebensumstände immer wieder verletzt. Debattiert wird zudem, ob die Menschenrechte in verschiedenen Kulturen Verschiedenes bedeuten und ob politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Menschenrechten gleich wichtig sind. Und überall müssen Menschen für die Verwirklichung ihrer Rechte kämpfen.

Seit einigen Jahren steigt der Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung wieder. Dabei werden genug Lebensmittel weltweit produziert, aber vielen Menschen fehlt es am Zugang zu Nahrung - vor allem dort, wo Krieg herrscht. Derweil streiten Fachleute über die Zukunft der Landwirtschaft: Die industrielle Produktion von Lebensmitteln verursacht gravierende Umweltschäden, aber kann die Agrarökologie alle satt machen?

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