Mit Kriegsherren an einem Tisch

Ein Priester mit Weihrauch zelebriert die Messe.
AFP via Getty Images/HARDY BOPE
Kirchenführer sehen im Dialog mit der Rebellenbewegung M23 eine Chance, trotz gescheiterter politischer Verhandlungen noch Frieden zu erwirken – und auch ihre eigene Position zu stärken. Kardinal Fridolin Ambongo in der Notre Dame Kathedrale von Kinshasa im Februar 2025 bei einer Messe für den Frieden im Ostkongo.
Kongo
Katholische und protestantische Kirchenführer in der Demokratischen Republik Kongo wollen mit einer breit angelegten Friedensinitiative zu einem Ende der Gewalt im Ostkongo beitragen. Dabei berufen sie auch auf afrikanische Traditionen.

Mitte Februar haben hochrangige Vertreter der katholischen und protestantischen Kirchen in der DR Kongo mit den politischen Führern der M23-Rebellenbewegung in Goma über ein Ende des seit Jahrzehnten dauernden Krieges im Ostkongo gesprochen. „Ziel war es, sie davon zu überzeugen, dass der bewaffnete Kampf keine Lösung ist und dass wir mit einem Vorschlag kommen, der zum Aufbau eines dauerhaften Friedens beitragen kann“, sagte Donatien Nshole, Generalsekretär der Katholischen Bischofskonferenz (CENCO). Die Rebellenführung habe sich „offen für den Dialog“ gezeigt. Er sei überzeugt, dass es Raum für Verhandlungen gebe, um die Gewalt zu beenden und den Konflikt friedlich zu lösen, so Nshole.

Seit Jahren kämpft die M23 mit der Unterstützung Ruandas im Osten des Landes gegen die kongolesischen Streitkräfte um die Gebiete, in denen viele Rohstoffe liegen. Sie ist nicht die einzige Miliz in diesem Krieg, gilt aber als besonders stark. In den letzten Monaten konnte die M23 große Gebietsgewinne verzeichnen. Mittlerweile kontrolliert sie Goma, die Provinzhauptstadt von Nord-Kivu, und Bukavu, die Hauptstadt von Süd-Kivu. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat der Krieg insgesamt mehr als sechs Millionen Kongolesen zu Binnenflüchtlingen gemacht. Eine weitere Million sucht Schutz in den Nachbarstaaten 

Dass sich die Kirchenführer mit der M23 an einen Tisch setzen, kommt nicht überall gut an. In der DR Kongo wird der M23 und ihren Unterstützern in Ruanda weithin die alleinige Schuld an der Eskalation gegeben. So drohte die Regierungspartei Union for Democracy and Social Progress (UDPS) als Reaktion auf das Treffen in Goma Mitte Februar damit, katholische und protestantische Gottesdienste zu stören. Donatien Nshole, der Generalsekretär der Bischofskonferenz, wurde Ende Februar bei der Wiedereinreise in den Kongo ohne Begründung am Flughafen in Kinshasa kurzzeitig festgenommen.

Rückgriff auf traditionelle Strategien

Die Kirchenführer verfolgen einen größeren Plan. Mitte Januar hatten CENCO und die Protestantische Église du Christ au Congo (ECC) ihren gemeinsamen „Sozialpakt für Frieden und Zusammenleben in der Demokratischen Republik Kongo“ vorgestellt, eine Art Fahrplan für den Frieden. Nachdem alle diplomatischen Initiativen zur Konfliktlösung in den letzten 30 Jahren gescheitert seien, wolle man sich auf traditionelle afrikanische Konfliktlösungsstrategien besinnen wie das Gespräch unterm Palaverbaum, auch „Bumuntu“ oder „Ubuntu“ genannt. Dabei geht es darum, sich selbst als Teil eines großen Ganzen zu verstehen und mit allen Konfliktparteien gemeinsam über Lösungen nachzudenken. Zum Auftakt ihrer Friedensinitiative hatten sich die Kirchenführer Anfang Februar mit Präsident Felix Tshisekedi in Kinshasa getroffen und ihm den Plan vorgestellt. Der Präsident soll verhalten zustimmend darauf reagiert haben.

Was in westlichen Ohren nach naiver Symbolpolitik klingt, bewertet Ciaran Wrons-Passmann, Geschäftsführer des Ökumenischen Netzes Zentralafrika (ÖNZ), als „durchaus erfolgversprechend“. Die Initiative der Kirchen könne eine deeskalierende Dynamik in das Konfliktgeschehen bringen. „Der Rückgriff auf die afrikanische Tradition ist identitätsstiftend und stärkt alle Beteiligten. Die Leute können mit Bumuntu etwas anfangen und werden noch einmal anders in die Pflicht genommen“, sagt Wrons-Passmann. Die Kirchen in der DR Kongo seien ein gewichtiger Player, der nicht einfach beiseitegeschoben werden könne. „Mit ihrer Initiative wollen sie der gesamten Debatte eine andere Richtung geben.“ 

Gleichzeitig sieht Wrons-Passmann in dem Sozialpakt auch den Versuch der Kirchen, sich selbst wieder ins Spiel zu bringen und mit einem Angebot an die Politik als Vermittler einen Fuß in die Tür zu bekommen. Ihre deutliche Kritik an den umstrittenen Wahlen 2023 hatte die Beziehungen zwischen Regierung und Kirchen eingetrübt. So war im April 2024 gegen den Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Fridolin Ambongo Besungu, wegen des Vorwurfs ermittelt worden, er habe die Bevölkerung aufgestachelt. Kurz zuvor hatte der Erzbischof in seiner Ostermesse schlechte Regierungsführung sowie Missmanagement der Finanz- und Sicherheitskrise von Seiten des Kabinetts von Präsident Felix Tshisekedi angeprangert. 

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