Kein Geld mehr für Bangladesch

Zabed Hasnain Chowdhury/NurPhoto via Getty Images
Frauen im Süden von Bangladesch auf dem Weg zur nächsten Trinkwasserquelle. Weil der Meeresspiegel als Folge des Klimawandels steigt, wird es zunehmend schwierig, sauberes, nicht von Salz verunreinigtes Wasser zu finden.
Schweiz
Die Schweiz hat entschieden, wo sie in der Entwicklungszusammenarbeit künftig sparen wird: Unter anderem werden drei Länderprogramme geschlossen und Beiträge an multilaterale Organisationen gekürzt oder komplett eingestellt.

Es war ein herber Schlag für die Entwicklungszusammenarbeit, als das Schweizer Parlament Ende letzten Jahres Kürzungen von 110 Millionen Franken (circa 117 Millionen Euro) für das Jahr 2025 beschloss. Ende Januar hat der Bundesrat nun in einem Bericht vorgelegt, wo gespart werden soll. Betroffen sind vor allem die bilaterale und die multilaterale Zusammenarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). Aber auch Beiträge an das Staatssekretariat für Wirtschaft und das Staatssekretariat für Migration werden reduziert.

Gleich drei Länderprogramme werden bis Ende 2028 komplett eingestellt: Albanien, Bangladesch und Sambia. Grundlage für diese Entscheidung seien unter anderem die „tatsächlichen Bedürfnisse vor Ort“, steht in der Medienmitteilung des Bundesrates.

Jürg Merz, Regionalkoordinator Asien bei der Hilfsorganisation Helvetas, ist überrascht, dass es ausgerechnet Bangladesch getroffen hat. Die aktuelle politische Instabilität nach dem Sturz der Regierung von Sheikh Hasina im vergangenen Jahr, die hohe Inflation und die katastrophale Lage in Cox’s Bazar, dem riesigen Flüchtlingscamp für Rohingyas aus dem benachbarten Myanmar, machen Bangladesch zu einem „sehr gebeutelten Land“, sagt Merz.

Ein Fünftel von Bangladesch könnte langfristig im Meer versinken

Außerdem leidet Bangladesch erheblich unter den Folgen des Klimawandels. So droht etwa durch den steigenden Meeresspiegel langfristig ein Fünftel der Landesfläche dauerhaft überflutet zu werden. Von dem Rückzug betroffen könnte unter anderem ein Projekt für lokalen Klimaschutz in Bangladesch sein, das Helvetas zusammen mit anderen Schweizer Organisationen für die DEZA durchführt. Das Vorhaben, das erst letztes Jahr gestartet ist, sei für insgesamt zehn Jahre konzipiert. Merz hofft, dass es trotz des Rückzugs der Regierung weitergeführt werden kann, allenfalls mit Unterstützung anderer Geldgeber. Derzeit sei noch offen, was der Ausstieg der DEZA nach über 50 Jahren bilateraler Zusammenarbeit mit dem südasiatischen Land für die Projektarbeit bedeute.

Die Schweiz stellt außerdem die Beiträge an drei internationale Organisationen ein: an die Global Partnership for Education, an UNAIDS und an die UNESCO. Die Beiträge an das UN-Entwicklungsprogramm UNDP, die UN-Fachstelle für Gleichstellung und Frauenförderung UN Women und das UN-Kinderhilfswerk UNICEF werden erheblich reduziert.

Martin Leschhorn von Medicus Mundi, einem Zusammenschluss von rund fünfzig in der internationalen Gesundheitszusammenarbeit tätigen schweizerischen Organisationen, schreibt in einer Mitteilung: „Die Schweizer Politik sollte sich schon bewusst sein, dass die Kürzungen in der multilateralen Zusammenarbeit das internationale Genf schwächen.“ Gerade UNAIDS spiele eine wichtige Rolle im Kampf gegen Aids. Erleichtert ist Leschhorn hingegen, dass die Schweiz sich im Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und Tuberkulose sowie in der Weltgesundheitsorganisation WHO weiter engagiere. Angesichts des Rückzugs der USA unter Donald Trump aus verschiedenen globalen Gesundheitsinstitutionen sei ein strategisch kluges Engagement der Schweiz in der internationalen Zusammenarbeit wichtiger denn je.

Die DEZA kürzt auch die Kernbeiträge zu NGOs

Sämtliche, von der DEZA geförderte nichtstaatliche Organisationen sind von den Sparmaßnahmen betroffen: Die DEZA kürzt die Kernbeiträge für jede Organisationen um 10,5 Prozent. Das dürfte ihre Budgets vor große Probleme stellen. Nicht kürzen will die Regierung hingegen die humanitäre Hilfe, die Friedensförderung und die Unterstützung der Ukraine.

Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud, dem Schweizer Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik, stört sich vor allem an der Kommunikation der Regierung: „Man hätte deutlicher machen müssen, wie dramatisch dieser Kürzungsentscheid wirklich ist“, schreibt er in einer Stellungnahme. Stattdessen behaupte der Bundesrat, dass „die angestrebte Wirkung der internationalen Zusammenarbeit trotzdem weitgehend möglich sein“ soll. Missbach findet das unehrlich: „Die ursprünglichen Ziele kann man natürlich nicht erreichen, wenn plötzlich 110 Millionen Franken fehlen.“

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