Ökologische Aggression aus den USA

Klimaschutz
Viele Regierungen scheuen Klimaschutz da, wo einflussreiche Gruppen ihn als Belastung sehen. Die neue US-Regierung ist aber die erste, die sämtliche Schutzmaßnahmen schleifen und zudem andere Länder zwingen will, ihr dabei zu folgen.

Bernd Ludermann ist Chefredakteur von „welt-sichten“.

Der Klimawandel ist Teil einer „ökologischen Aggression“ reicher Länder auf arme, hat Klaus Töpfer, der 2024 verstorbene frühere Umweltminister, 2002 richtig festgestellt. Damals vollzog sich diese Aggression als unbeabsichtigte Nebenwirkung unseres Wirtschafts- und Wohlstandsmodells. US-Präsident Donald Trump ist zum bewussten, offenen Angriff übergegangen: Er will nicht nur in den USA die zaghaften Schritte zur Begrenzung der Erderhitzung zurückdrehen. Er will auch andere Staaten zu Rückschritten zwingen und steuert einen internationalen Klub der Erdzerstörer an. 

Dass die USA sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen würden, war vor Trumps zweitem Amtsantritt klar. Unerwartet furios ist sein Generalangriff auf den Klima- und Umweltschutz in Inneren der USA. Zum Beispiel fördert er die Öl- und Gasförderung, auch in vormals geschützten Gebieten, obwohl die USA bereits der größte Erdöl- und Erdgasproduzent der Welt sind und mehr dieser Brennstoffe exportieren als importieren. Die US-Umweltbehörde hat unter ihrem neuen Chef, einem Klimaleugner, zahlreiche Emissionsgrenzen gelockert. Trump hat soeben verfügt, dass sogar Kohlekraftwerke mit hohen gesundheitsschädlichen Emissionen am Netz bleiben können. Er beschneidet Behörden, die Daten zu Umwelt und Klima erheben, und lässt Ergebnisse dazu löschen oder zensieren.

Ein Klub der Blockiererstaaten

Außenpolitisch streben die USA unter Donald Trump eine Verständigung mit anderen Ölexporteuren an – mit Golfstaaten und wohl auch mit Russland. Das stärkt die Blockiererstaaten beim Klimaschutz, egal welche Wendung das Verhältnis zu Moskau noch nimmt.

Auch die Handelszölle, die Trump gerade verordnet und nach dem Absturz der Börsenkurse und Widerspruch aus dem eigenen Lager teils wieder ausgesetzt hat, enthalten einen Angriff auf den Klimaschutz. Trump will erstens andere Länder mit Zolldrohungen zwingen, ihren Handelsüberschuss zu verringern, indem sie unter anderem mehr Erdgas von den USA kaufen. Von Europa hat er dies ausdrücklich gefordert. Zweitens versteht er Zölle über Handelsfragen hinaus als Zwangsmittel, Regulierungen insbesondere von Konzernen in anderen Ländern zu verhindern oder abzuschwächen. Das geht erst einmal gegen die EU-Regeln für Digitalkonzerne, dürfte aber auch gegen Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden, die Trump als Verstoß gegen US-Interessen ansieht. 

Ohne die USA und China geht es nicht

Dies alles wirft weltweit den Klimaschutz zurück. Zwar ist möglich, dass Gerichte und progressive US-Bundesstaaten Teile des Umweltschutzes retten, obwohl Donald Trump versucht, ihre Kompetenzen dafür zu beschneiden. Aber die Gesamtwirkung seiner Regierung wird ökologisch verheerend sein. Die USA sind der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen hinter China. Je mehr sie ihren Ausstoß noch erhöhen, desto weniger nützen Einsparungen anderswo und desto weniger werden andere Länder Minderungszusagen machen, die sie etwas kosten. Gerade China wird das angesichts der eskalierenden Machtkonkurrenz kaum tun. Und ohne Verständigung Chinas und der USA sind echte Fortschritte schwer vorstellbar. 

Es ist daher Schönfärberei, wenn Germanwatch den jüngsten Klimadialog von 40 Staaten in Bonn als Signal wertet, dass globaler Klimaschutz „ohne die USA voranschreiten kann“. Für Absichtserklärungen mag das gelten. Aber in der Praxis haben die Klimadiplomaten jetzt die fast unmögliche Aufgabe, nicht mehr nur Zauderer mitzuziehen, sondern auch ihre eigenen Schritte gegen Angriffe aus den USA zu verteidigen und überdies die USA quasi zu Emissionsminderungen zu zwingen. 

Europa könnte dagegenhalten, aber will es?

Gegenmacht bilden ist nun die Devise. Die EU kann und sollte energisch für Vorreiterkoalitionen beim Umwelt- und Klimaschutz werben und dazu auch auf Staaten zugehen wie Indien, China und Indonesien, auch wenn es Washington nicht gefällt. Sie könnte auch Beschränkungen für den Transfer von grüner Technologie etwa im Patentrecht lockern. Und sie sollte darauf hinarbeiten, dass möglichst viele Staaten ein gemeinsames Emissionshandelssystem einrichten und Importe von außerhalb – auch aus den USA – mit einer CO2-Abgabe belegen, wie die EU sie im Grunde beschlossen hat. 

Allerdings gewinnen auch in der EU die Gegner des Klima- und Umweltschutzes Oberwasser und schwächen die Regeln dafür. Wirtschaftswachstum plus Rohstoffsicherung ist wieder das oberste Ziel, die Abwendung von US-Zöllen durch Deals mit den USA hat Vorrang. Das ignoriert, dass man wirtschaftliche Einbußen rückgängig machen kann, während einmal freigesetzte Treibhausgase sich kaum zurückholen lassen und die Erderhitzung Jahrhunderte lang weitertreiben werden. Europa mag ökologischer orientiert sein als die USA, ist aber weniger ehrlich: Wir reden von Nachhaltigkeit und setzen bisher die eigene ökologische Aggression leicht gebremst fort.

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