Das Textilbündnis will für bessere Bedingungen in der Textilbranche sorgen; soziale und ökologische Standards „entlang der ganzen Lieferkette vom Baumwollfeld bis zum Bügel“ müssten überprüfbar werden, hatte Müller im Oktober vergangenen Jahres erklärt. Ein Jahr nach der Gründung des Textilbündnisses hat sich die Mitgliederzahl auf rund 160 verfünffacht.
Anfangs hatten sich vor allem Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen interessiert gezeigt, während Unternehmen der Textilbranche skeptisch blieben. Das hat sich geändert: Nachdem das Aktionsprogramm des Bündnisses noch einmal überarbeitet wurde, sind nun auch etliche Firmen beigetreten, darunter Marktführer wie adidas, C&A und andere mehr.
Das komme Millionen Menschen weltweit zugute, sagte Müller am 19. November in Frankfurt am Main. Es sei wichtig, beim fairen Handel vor allem am Anfang der Produktionskette anzusetzen, also die Arbeitsbedingungen der Näherinnen in Ländern wie Bangladesch und Pakistan zu verbessern. Gesetzlich bindend ist für die Mitglieder des Bündnisses nach wie vor nichts. Doch es gebe Pläne, Standards auch mithilfe der Regierungen in Südostasien und Bangladesch umzusetzen. Dabei gehe es an erster Stelle darum, die Gewerkschaften dort zu stärken, sagte Müller.
Auch für Berndt Hinzmann vom Inkota-Netzwerk sind die vielen Neuzugänge zum Textilbündnis ein gutes Zeichen, praktisch habe das aber bisher keine Wirkung erzielt. Es fehle noch immer eine klare Strategie, um Erfolge und Verstöße gegen die freiwilligen Standards zu messen, meinte er. Müller erklärte jedoch in Frankfurt, dass in den kommenden Monaten ein Kontroll- und Prüfverfahren entwickelt werden soll.
"Grüner Knopf" in Sicht
In den vergangenen Monaten haben die Mitglieder des Bündnisses weiter an ihrem „Aktionsplan“ gearbeitet. Vor wenigen Wochen ist nach langem Hin und Her eine Liste mit zu vermeidenden, gefährlichen Stoffen verabschiedet worden, zum Beispiel giftigen Färbemitteln. Für Sozialstandards in Textilfabriken werden derzeit Pilotprojekte erarbeitet, heißt es auf der Webseite des Bündnisses. In spätestens einem Jahr soll nach den Bündnis-Standards hergestellte Kleidung an dem geplanten einheitlichen Kennzeichen, dem „Grünen Knopf“, erkennbar sein, sagte Müller.
Tanja Gönner vom Vorstand der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sieht bereits jetzt erste Erfolge. Die Entwicklungsagentur der Bundesregierung hat laut Gönner seit 2010 über 2000 Firmen zu Sicherheit, Arbeitsschutz und ökologischen Themen beraten. Auch seien in Bangladesch die Gesetze zugunsten der Arbeiter verbessert worden, ergänzte sie. Es sei aber fraglich, ob diese in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden. Es fehle an unabhängiger Kontrolle. Müller zufolge könnten Arbeitnehmerrechte nicht nur über Gesetze, sondern auch durch langfristige Verträge zwischen Herstellern, Lieferanten und Abnehmern verbessern lassen: Dann könnten Ausbilder in Textilfabriken gründlicher geschult werden und Arbeitnehmer über ihre Rechte aufklären.
Konsumenten sind mitverantwortlich
Zu den Hindernissen in der Praxis zählt für den Direktor der Otto-Group, Thomas Voigt, die Korruption. Sie erschwere unabhängige Kontrollen in manchen Ländern, aus denen deutsche Unternehmen ihre Waren beziehen, sagte er. Das zu ändern, sei eine „permanente Kärrnerarbeit“.
Voigt betonte außerdem, dass die Konsumenten mitverantwortlich für faire Produktionsbedingungen seien. Gerade mittelständische Unternehmen könnten sich hohe Standards kaum leisten, solange die Verbraucher nicht bereit seien, etwas mehr Geld für ihre Kleidung auszugeben. Das Bündnis könne aber sowohl bei Unternehmen als auch bei Verbrauchern das Bewusstsein für fairen Handel schaffen – und sie vielleicht langfristig zum Mitmachen bewegen. Das Textilbündnis könne nicht die Welt retten, sei aber ein gutes Vorbild auch für andere.
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