Das Textilbündnis nimmt Fahrt auf

Müllers Aktionsplan
Lange sah es nach einem Rohrkrepierer aus. Doch dann haben sich zahlreiche große Konzerne dem Textilbündnis angeschlossen. Von seinem ursprünglichen Plan muss Entwicklungsminister Gerd Müller aber einige Abstriche machen.

Viele Unternehmen der Textil- und Handelswirtschaft fanden besonders die Fristen für die Aufstellung und Einhaltung sozialer und ökologischer Standards zu kurz bemessen. In den vielschichtigen Ketten von Produktion und Lieferung sei das schlicht nicht zu garantieren gewesen, heißt es aus ihren Kreisen. Nun sollen in größerer Runde pragmatischere Lösungen gesucht werden.

Wenige Wochen vor dem G7-Gipfel in Elmau hatten Unternehmen wie Adidas, Aldi Nord und Süd, C&A, H&M sowie Kik und Tchibo ihre Beteiligung angekündigt. Auch die Spitzenverbände von Handel und Textilindustrie sind nun dabei. Zuvor hatten nur eine Handvoll Bekleidungshersteller und vor allem nichtstaatliche Organisationen den Aktionsplan unterstützt.

Der soll zwar weiter als Maßstab dienen. Ziele und Fristen werden jedoch in den nächsten Monaten neu ausbuchstabiert – und zwar einzeln für jedes Unternehmen, jede NGO und jeden Industrieverband. So soll jeder Beteiligte an den eigenen Fortschritten gemessen werden; dafür soll ein unabhängiges Gremium geschaffen werden. Gemeinsame Ziele, wie etwa gerechte Löhne oder die Zulassung von Arbeitnehmervertretern, würden von allen getragen, heißt es. Hier seien jedoch vor allem Politik und Gewerkschaften am Zug.

Großkonzerne wie H&M dürften unter diesen Bedingungen einen Vorteil genießen. Verfügen sie doch bereits über routinierte Inspektionsverfahren und Berichtspflichten in der Unternehmensverantwortung (CSR) und können bereits Erfolge vorweisen. Offensichtlich wollten sie nicht mit kleineren unerfahrenen Textilbetrieben in einen Topf geworfen werden. Zugleich sollten diese aber „mitgenommen werden“.

Die eigentliche Arbeit geht erst los

Den Vorwurf der Grünen, der Aktionsplan werde verwässert, weisen sowohl Wirtschaft als auch NGO-Vertreter zurück. Für ein solches Urteil sei es noch zu früh, sagt Gisela Burckhardt, Vertreterin von Femnet in der Kampagne für saubere Kleidung. „Das Bündnis ist freiwillig und nicht so weitreichend, aber dennoch eine einmalige Chance.“ Um die Blockade aufzulösen, habe man sich darauf eingelassen, Fortschritte nicht nur an zu erreichenden Ziele zu messen, sondern stärker an den Schritten dorthin.

So geht die eigentliche Arbeit denn auch jetzt erst los. In den nächsten Monaten sollen Arbeitsgruppen, die Steuerungseinheit des Bündnisses sowie die beteiligten Unternehmen und Verbände differenzierte Ziele ausformulieren. Im Oktober wolle Minister Müller weitere Fortschritte verkünden, heißt es.

Durch den Schulterschluss mit der Wirtschaft scheint jetzt zumindest eine kritische Masse hinter dem Textilbündnis zu stehen. „Die wesentliche Neuerung“, so ein Unternehmensvertreter, bestehe in der „gemeinsamen Bereitschaft aller Beteiligten, sämtliche Themen konstruktiv anzugehen, damit ein Bündnis in der Praxis auch funktionieren kann“.

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erschienen in Ausgabe 7 / 2015: Den Frieden fördern, nicht den Krieg
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