(17.7.2013) Wohl kaum ein Aspekt der deutschen Politik ist so undurchschaubar wie der Export von Waffen und Rüstungsgütern. Das geheime und intransparente Genehmigungsverfahren durch den Bundessicherheitsrat steht immer wieder in der Kritik – wie jüngst bei den umstrittenen Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien oder Katar. Ein aktueller Bericht der Forschungseinrichtung Bonn International Center for Conversion (BICC) untersucht, wie eine parlamentarische Kontrolle und mehr Transparenz in der deutschen Rüstungsexportpolitik ermöglicht werden könnten. In Auftrag gegeben haben ihn Misereor und Brot für die Welt.
Die Autoren Jan Grebe und Sebastian Roßner zeigen mit Blick auf die USA, England, Schweden und die Niederlande, welche Formen der parlamentarischen Kontrolle und Informationspolitik im Rüstungsgeschäft existieren. Für Deutschland kommt nach ihrer Einschätzung am ehesten eine Art Parlamentsausschuss nach englischem Vorbild in Frage. Damit werde das Parlament zwar nicht an Exportgenehmigungen beteiligt, doch eine umfassende und transparente Kontrolle im Nachhinein sei gewährleistet. In einem solchen Gremium könnten auch Minderheiten die Regierung zur Auskunft über Waffenlieferungen zwingen.
Wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung Waffenexporte als ein Mittel ihrer Außenpolitik ansehe, müsse sie auch die sicherheitspolitischen Ziele einzelner Waffengeschäfte darlegen und erklären, warum schädliche Folgen für die Menschen in den Zielländern ausgeschlossen werden könnten, heißt es in dem Bericht. Denn solche Folgen „können im Konfliktfall gravierend sein und, wegen der Langlebigkeit vieler Waffensysteme und Rüstungsgüter, länger andauern als das Regime, an das geliefert wurde“, sagt Grebe. Angesichts der Vielzahl an Rüstungsexportgenehmigungen schlagen die Autoren vor, dem US-amerikanischen Modell zu folgen. Danach müssen Waffendeals ab einem bestimmten Auftragsvolumen dem Kongress vorgelegt werden.
SPD und Grüne haben bereits ähnliche Forderungen erhoben
Um eine fundierte öffentliche und parlamentarische Diskussion zu ermöglichen, seien zudem Änderungen am jährlichen Rüstungsexportbericht notwendig. Der sei zu ungenau und werde in der Regel erst ein Jahr oder noch später nach dem Berichtsjahr veröffentlicht. Damit verliere er an politischer Brisanz. Die Autoren regen ferner an, ein Verbandsklagerecht einzuführen. Damit wäre die Bundesregierung „in einem Verfahren gezwungen, detaillierten Einblick in ihre Genehmigungspraxis zu gewähren, wie er bislang fehlt“, sagt Mit-Autor Roßner. Abrüstungs- und Friedensverbände könnten auf diese Weise Exportgenehmigungen vor Gericht bringen.
Die Vorschläge sind weitgehend mit Forderungen identisch, die auch Oppositionsparteien bereits erhoben haben. Ende März verlangte die SPD in einem Antrag unter anderem, ein „zeitnahes und praktikables Verfahren zur parlamentarischen Beteiligung an Rüstungsexportentscheidungen zu entwickeln“. Die Grünen sprachen sich dafür aus, die Geheimhaltung von Entscheidungen über Rüstungsexporte abzuschaffen und ein fachpolitisches Gremium zur Kontrolle einzurichten. Die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses an den Bundestag lautete jedoch: Ablehnung. (sdr)
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