Vor 18 Monaten verkündete Entwicklungsministerin Svenja Schulze, die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft werde neu aufgestellt. Unter dem Begriff „Partners in Transformation“ sollten öffentlich-private Programme künftig besonders dem Klima- und Umweltschutz und der sozialen Gerechtigkeit dienen. Zudem solle die Wirksamkeit der Kooperation verbessert werden. Nur mit „dem innovativen Potenzial, den weitreichenden Netzwerken und den finanziellen Ressourcen des Privatsektors“ könne die Unterstützung einer sozial-ökologischen Transformation in den Partnerländern „wirklich erfolgreich sein“, sagte Schulze damals.
Seither sind die öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit geschrumpft, und in öffentlichen Debatten werden Zweifel an ihrer Wirksamkeit geschürt. Es zeichnet sich bereits ab, dass unter der nächsten Bundesregierung deutsche Interessen weiter an Gewicht gewinnen – etwa die Versorgung mit wichtigen Rohstoffen. Vor diesem Hintergrund werde die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit dem Privatsektor „ein besonders relevantes Thema“, sagte Jörg Faust, der Leiter des Deutschen Evaluierungsinstituts DEval, im Februar bei der Vorstellung eines Syntheseberichts, der wesentliche Erkenntnisse dazu zusammenfasst.
„Die Entwicklungsprobleme sind groß, staatliche Mittel sind knapp, und der Privatsektor kann ungeheure Kräfte für die Wohlstandssteigerung von Gesellschaften mobilisieren“, so Faust. Doch dazu müssten unterschiedliche Interessen der Beteiligten – Profit und Gemeinwohl – zusammengebracht werden. Insgesamt allerdings, so ein nüchternes Fazit der zum Austausch geladenen Evaluierungsfachleute, bleibt die Mobilisierung privater Gelder in gemeinsamen Projekten mit Unternehmen bislang hinter den Erwartungen zurück.
Wirkungen lassen sich schwer eindeutig zuordnen
Zudem ist es schwierig, Erfolg zu messen. Denn in einem oft intransparenten, ungeregelten und wirtschaftlich riskanten Umfeld in vielen Entwicklungsländern lassen sich Wirkungen wie etwa mehr Beschäftigung von Frauen schwer eindeutig bestimmten Akteuren oder Kooperationen zuschreiben. Deshalb entwickelt das BMZ mit Ausführungsorganisationen wie der GIZ oder der DEG ein eigenes Evaluierungs- und Monitoringsystem (M+E) für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Ministerin Schulze erklärte, es gehe darum, „echten Impact“ zu messen statt wie bisher „quantitativen Output“.
Das heißt zum Beispiel: Organisiert ein deutsches Unternehmen zusammen mit Partnern der Entwicklungszusammenarbeit ein Ausbildungsprogramm für Fachkräfte in Ghana, wird statt der Zahl der Absolventen künftig erfasst, wie viele davon bedarfsgerecht geschult wurden und Arbeit gefunden haben. Das neue M+E-System greift eine häufige Kritik von Evaluatoren auf, dass in der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft oft nur kurzfristige Effekte in Beschäftigung oder Einkommen erzielt werden oder dass Projekte kaum Arbeitsbedingungen verbessern und kaum besonders verletzliche Gruppen erreichen. Unklar bleibe meistens auch, inwieweit Projekte in längerfristige Wirtschaftsreformen münden.
Wissenslücken sieht Tabea Lakemann, Research Fellow am Giga-Institut in Hamburg, zudem in der Frage, inwieweit zusätzliches Kapital für Banken oder Mikrokredite tatsächlich die Einkommen von Kleinstunternehmern verbessert. Sehr schwer nachweisbar sei außerdem die sogenannte Additionalität: ob also private Gelder tatsächlich nur dank der Zusammenarbeit mit öffentlich finanzierter Entwicklungszusammenarbeit investiert wurden. Dieser Nachweis ist wichtig, um auszuschließen, dass beteiligte Unternehmen ohnehin investiert hätten, die öffentliche Förderung aber gerne „mitgenommen“ haben.
Schub für die neue Legislaturperiode
Laut dem neuen M+E-System sollen schon im Design von Programmen oder Projekten einheitlichere Definitionen (etwa für Training), klarere Rollenzuweisungen und Indikatoren (etwa für „gute Jobs“ in der Baubranche) verwendet werden, um Wirkungen besser zu erfassen. Entstehen etwa aus Verbandspartnerschaften dauerhafte professionelle Strukturen, die regionale Wirtschaftsentwicklung fördern? Bereits im Sommer soll der BMZ-Jahresbericht aussagekräftige Daten enthalten, um öffentlich-private Kooperationen besser steuern zu können, heißt es im Ministerium. Es könne dann besser entschieden werden, welche Programme besonders gut funktionieren und welche verbessert werden müssen.
Davon erhofft sich das BMZ auch neuen Schub in der beginnenden Legislaturperiode. Immerhin, so der GIZ-Experte Tobias Zeller beim Austausch zum DEval-Bericht, seien im Jahr 2023 in Kooperationsprojekten mit Unternehmen private Mittel im Umfang von einer halben Milliarde Euro mobilisiert worden. Die Unternehmen hätten im Schnitt 53 Prozent der gemeinsamen Projekte finanziert. Um die Finanzierungslücke zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele zu schließen, müsse man aber noch viel besser werden, ergänzte der BMZ-Experte Matthias Krause.
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