Kein Interesse an einem vereinten Somalia

Der Außenminister von Somaliland zu Gesprächen in Berlin
Der Außenminister von Somaliland zu Gesprächen in Berlin

(04.03.2013) Diplomatisch in alle Richtungen. So präsentierte sich Mohamed A. Omar, der Außenminister von Somaliland, in der vergangenen Woche bei seinem ersten Besuch in Deutschland: Viel Lob für die Entwicklungshilfe der Europäischen Union, Verständnis für die Antiterrorpolitik der USA am Horn von Afrika und kein Wort der Kritik am großen Nachbar Äthiopien. Kein Wunder, der Mann hat ein ehrgeiziges Ziel, für das er gute Freunde braucht: die internationale Anerkennung seines Landes als souveränen Staat.

Als 1991 die Regierung von Siad Barre stürzte und der somalische Staat zusammenbrach, löste sich die frühere englische Kolonie Somaliland im Nordwesten vom Rest des Landes und erklärte sich einseitig für unabhängig. Der Süden Somalias mit der Hauptstadt Mogadischu, der früher von Italien kolonisiert war, versank in einen brutalen Bürgerkrieg und ist seit einigen Jahren ein Schauplatz des Krieges gegen islamistischen Terror. In Somaliland hingegen herrscht seit 20 Jahren weitgehend Ruhe – ein beachtlicher Erfolg, den Außenminister Omar im Gespräch mit „welt-sichten“ so erklärte: „Wir haben beim Staatsaufbau auf unsere eigenen Kräfte und Ansichten gebaut. In Somalia dagegen gab es zu viel Einmischung von außen, international und aus der Region. Und oft stand hinter dieser Einmischung kein schlüssiges politisches Konzept.“

Die einseitige Unabhängigkeitserklärung habe dem Volk von Somaliland Demokratie, Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung gebracht, sagte Omar. Dafür hat das kleine Land auf diplomatischem Parkett viel Lob erhalten – aber eben nicht die Anerkennung als souveräner Staat. Dabei hat laut Omar die Afrikanische Union schon vor zehn Jahren in einer Studie festgestellt, dass gegen die Eigenständigkeit von Somaliland rechtlich nichts einzuwenden sei: Es handele sich nicht um eine Sezession von Somalia, sondern lediglich um den Austritt aus der Union, die beide Landesteile nach der Unabhängigkeit von England und Italien 1960 eingegangen seien. Das Ziel dieser Union sei die Schaffung eines Großsomalias gewesen, einschließlich des Nachbarlandes Dschibuti sowie Teilen von Äthiopien und Kenia, erklärt Omar. „Dieses Ziel gibt es nicht mehr. Es hat im Übrigen für eine Menge Ärger in der Region gesorgt; viele Menschen wurden getötet.“ Die Union sei deshalb Vergangenheit: „Somaliland hat keinerlei Interesse, sich jemals wieder mit Somalia zu vereinen.“

„Zwei einander freundlich gesinnte somalische Staaten könnten sich doch gut gegenseitig helfen“

In Mogadischu hingegen, wo seit dem vergangenen Jahr eine neue Regierung herrscht, hält man weiter an einem vereinten Somalia fest. Immerhin: Im vergangenen Sommer gab es erstmals seit über 20 Jahren Gespräche zwischen politischen Vertretern beider Landesteile. Außenminister Omar hofft, dass die Beratungen dieses Jahr fortgesetzt werden und dass die neue somalische Regierung die Entscheidung Somalilands akzeptiert: „Zwei einander freundlich gesinnte Staaten für das somalische Volk könnten sich doch gut gegenseitig helfen. Sie würden sich ergänzen und nicht zwingend Probleme miteinander haben.“

Mit Kritik an der Einmischung anderer Länder in die Konflikte in Somalia hält Omar sich zurück. Hat der von Washington geführte Krieg gegen den Terror die Lage am Horn von Afrika verschlechtert? „Das würde ich nicht sagen. Terrorismus ist eine echte Gefahr für die Menschheit, nicht nur für die USA. Die bedrohen auch uns in Somaliland.“ Und die Rolle von Äthiopien? Manche Kenner der Region sagen, die Regierung in Addis Abeba wolle in Somalia die Fäden in der Hand behalten und verhindern, dass der Nachbar zu stark werde. „Ich kann nicht erkennen, wie Äthiopien von einem instabilen Somalia profitieren sollte“, erklärte Omar dazu: „Ich bin davon überzeugt, dass ihnen ein sicheres, stabiles und demokratisches Somalia nutzen würde.“ (ell)

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