Bangladesch entzieht jetzt Verfolgten den Schutz: Das südasiatische Land hat im Januar Dutzende Rohingya, die vor Krieg und ethnischer Verfolgung im Nachbarland Myanmar fliehen, an der Grenze abgewiesen. Weitere, die es ins Land geschafft hatten, wurden ins Kriegsgebiet zurück gezwungen. Die Sicherheitskräfte sind angewiesen, keine Rohingya mehr über die Grenze zu lassen.
Das bringt die muslimische Minderheit in Myanmars östlichem Teilstaat Rakhine in eine verzweifelte Lage. Seit dem Putsch von 2021 hat der Bürgerkrieg in dem Vielvölkerstaat etwa 3,5 Millionen Menschen im Land vertrieben, die Wirtschaft ist zerrüttet. Die Rohingya sind besonders gefährdet. Sie haben keine bewaffneten Milizen gebildet, während viele andere Minderheitsvölker schon lange gegen Myanmars Regierung kämpfen, seit 2021 zum Teil gemeinsam mit Gegnern der Junta aus der Mehrheitsgruppe der Birmanen.
Wehrlos und staatenlos
Rohingya sind Angriffen von zwei Seiten wehrlos ausgesetzt. 2017, vor dem jüngsten Putsch, waren sie Opfer von völkermörderischen Angriffen des Militärs. Nach dem Putsch werden sie nun von Rebellen der Arakan Army terrorisiert, die in Rakhine einen Staat für die eigene Volksgruppe erkämpfen wollen. Die Armee, die nur noch ein Fünftel des Landes kontrolliert und dringend Soldaten braucht, rekrutiert gegen die Arakan Army zwangsweise Rohingya. Die können, anders als andere Kriegsopfer, kaum in anderen Landesteilen Zuflucht suchen, weil Myanmar den Rohingya schon 1982 die Staatsbürgerschaft entzogen hat.
Zuflucht fanden sie bisher in Bangladesch. Das islamische Land hat etwa eine Million von ihnen aufgenommen, die meisten schon 2017. Jetzt treiben die Kämpfe in Rakhine, wo noch schätzungsweise 600.000 Rohingya leben, weitere über die Grenze, vergangenes Jahr rund 80.000. Diesen Zustrom will ausgerechnet die vom Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus geführte Übergangsregierung in Bangladesch gewaltsam stoppen. Das ist klar völkerrechtswidrig.
Bangladesch allein gelassen
Wer sich darüber empört, muss aber genauso anprangern, dass das dicht besiedelte Bangladesch seit 2017 mit dem Problem allein gelassen wird – von den anderen Ländern der Region ebenso wie vom Rest der Staatengemeinschaft. Kaum etwas geschieht, um die Kämpfe zu beenden. Dazu müssten China und die Nachbarstaaten die Junta unter Druck setzen. Aber Peking geht nur allmählich zu ihr auf Distanz, und die Asean – die Regionalorganisation der südostasiatischen Staaten, zu der Myanmar gehört – kann sich nicht auf ernsthafte Schritte gegen das Militärregime einigen.
Man könnte aber wenigstens Bangladesch im Wege des Resettlement einen Teil der gestrandeten Rohingya abnehmen. Genau das hat Yunus im September gefordert. Doch kein anderes Land will bisher eine nennenswerte Zahl aufnehmen. Nur die USA wollten einige Tausend ins Land lassen, aber das wird unter Präsident Donald Trump kaum passieren. Manche Rohingya versuchen deshalb, sich „illegal“ über Indonesien nach Australien durchzuschlagen.
Zudem kommt nicht einmal das nötige Geld zusammen, um die Menschen in den Flüchtlingslagern in Bangladesch mit humanitärer Hilfe zu versorgen: Laut dem UN-Nothilfebüro war 2024 mehr als ein Drittel des Bedarfs nicht gedeckt. Die Hälfte der Mittel hatten die USA zur Verfügung gestellt, gefolgt von Europa. China, Saudi-Arabien und Katar trugen ein bisschen bei und Myanmars Nachbarländer, abgesehen von einem winzigen Beitrag aus Thailand, praktisch nichts.
Die Grenzschließung in Bangladesch ist nicht nur ein Skandal für dieses Land und für die Staaten der Region. Sie ist auch ein Ergebnis der Abschottungsspirale in den reichen Ländern des Nordens, die vor ein, zwei Jahrzehnten noch als Vorkämpfer des Flüchtlingsschutzes aufgetreten waren. Kein Wunder, dass auch sie jetzt zum Schicksal der Rohingya schweigen. Das sind düstere Aussichten für alle schutzlosen Minderheiten und für die Mindeststandards von Recht und Menschlichkeit.
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