2019 hatte eine Gruppe von Fachleuten unter dem Österreicher Thomas Wieser im EU-Auftrag Optionen zur künftigen Entwicklungsfinanzierung ausgelotet. Es ging vor allem um die EU-eigene Europäische Investitionsbank (EIB) in Luxemburg und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) in London, an der die EU-Staaten beteiligt sind. Die Wieser-Gruppe stellte thematische und geografische „Überlappungen, Lücken und Ineffizienzen“ fest. Sie entwarf drei Optionen, die jeweils zu einer neuen „Europäischen Bank für Klima und nachhaltige Entwicklung“ führten. Im ersten Szenario würde diese aus der EBWE heraus geschaffen. Die Bank würde dafür ihr Mandat vom bisherigen Schwerpunkt Osteuropa aus global ausweiten, im Gegenzug müsste die EIB ihre Aktivitäten außerhalb Europas stark reduzieren. Option zwei sah eine am Reißbrett entworfene neue Bank vor. Nach Option drei bekäme die EIB auf Kosten der EBWE eine auf Entwicklungsfinanzierung spezialisierte Tochter.
Bereits seit längerem ist dem Vernehmen nach die Option der ganz neuen Bank passé. Mittlerweile scheint klar, dass auch die anderen zwei nicht umfassend umgesetzt werden. Die EU-Finanzminister verkündeten im April „einen Konsens, dass eine Erweiterung und Verbesserung der aktuellen institutionellen Struktur der praktischste und effizienteste Weg sein könnte“, um europäische Ziele zu erreichen und Partnerländern zu helfen. Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis sprach von einem „status quo plus“ – grundlegende Änderungen wolle man nicht.
Mehr Zusammenarbeit nationaler Entwicklungsbanken
Der Finanzexperte San Bilal findet richtig, dass die EU auf alle drei Optionen verzichtet. Der „Schönheitswettbewerb“ von EIB und EBWE im bisherigen Prozess habe ihre wichtige Zusammenarbeit gestört, meint der Forscher vom European Centre for Development Policy Management (ECDPM). Darüber hinaus sei mit der Corona-Pandemie neue Dringlichkeit eingekehrt: „Wir müssen jetzt so schnell wie möglich alle Ressourcen mobilisieren.“ In dieser Lage eine neue Bank aufzubauen, sei das Letzte, was man brauche.
Das „Plus“ aus dem „status quo plus“ müsse man aber ernst nehmen, meint Bilal. Zum einen müsse die Koordinierung zwischen EBWE, EIB und den nationalen Entwicklungsbanken sowie den EU-Staaten als Eigner multilateraler Banken wie der Weltbank verbessert werden. Bisher stimme man sich nur bei der Verwendung von EU-Geldern ab. Zum anderen hält der Experte eine Ausweitung des geografischen Mandats der EBWE und einen auf Entwicklung spezialisierten Zweig der EIB durchaus für sinnvoll – aber eben nicht auf Kosten der jeweils anderen Bank.
Aus der EIB heißt es unterdessen, sie wolle „ihren außereuropäischen Aktivitäten eine gewisse Eigenständigkeit“ verleihen, um sie „zielgerichteter und schlagkräftiger“ zu machen. Eine Tochtergesellschaft sei dafür nicht unbedingt nötig. Man könne vieles auch mit einer Filiale ohne eigene Rechtspersönlichkeit umsetzen, hieß es gegenüber „welt-sichten“.
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