Land gegen Entwicklung?

Oskar Epelde
In Yalifombo nahe der umstrittenen Palmölplantage appellieren im Februar 2020 Gemeindevertreter an die DEG, die vereinbarte Mediation zu starten. Kurz zuvor sind der Chief der Gemeinde und vier weitere Dorfbewohner von der kongolesischen Polizei nach Protesten verhaftet worden.
DEG-Entwicklungsbank
Bei der Finanzierung einer Ölpalmplantage in der DR Kongo sieht sich die deutsche Entwicklungsbank DEG neuen Vorwürfen gegenüber. Sie habe eine Chance verstreichen lassen, Gemeinden vor Ort stärker zu beteiligen, sagen Kritiker.

Die DEG investiert in private Unternehmen in Entwicklungsländern, auch in der Landwirtschaft. Ein Empfänger ist das Unternehmen Plantation et Huilieres du Congo (PHC), das Ölpalmplantagen in der DR Kongo betreibt. Im Jahr 2015 erhielt PHC von einem Verbund von Entwicklungsfinanzierern Kredite über 49 Millionen US-Dollar für die Erneuerung der Plantagen und die Umsetzung eines Umwelt- und Sozialplans. Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG ist mit 16,5 Millionen US-Dollar beteiligt. Gemeinden im Projektgebiet fechten die Rechtmäßigkeit der Pachtverträge an. Von 107.000 Hektar Land, einer Fläche etwa wie die Insel Rügen, wird rund ein Viertel bewirtschaftet.

Als die kanadische Muttergesellschaft von PHC, Feronia, im vergangenen Jahr pleiteging, hat die Investitionsgesellschaft Straight KKM 2 Limited, die vorher schon an PHC beteiligt war, das Unternehmen übernommen. Die Gesellschaft mit Sitz in Mauritius habe 500.000 US-Dollar für PHC bezahlt und eine Investition von zehn Millionen Dollar in Aussicht gestellt, berichtet die Zeitschrift „Jeune Afrique“. Hinter Straight KKM 2 Limited stehen demnach ein aus Nigeria stammender Amerikaner und Gründer des Finanzierers Kuramo Capital Management mit Sitz in New York, Lagos und Nairobi sowie ein im Kongo geborener Südafrikaner und Sohn eines ehemaligen Regierungschefs des einstmaligen Staates Zaire, der Diamanten-, Gold- und Nickelgeschäfte betreibt. 

Hohe Managergehälter, kaum Geld für Schulen

Offenbar hat PHC mit den Entwicklungskrediten nicht gut gewirtschaftet. Der Betrieb schrieb zuletzt rote Zahlen und machte zusätzliche Schulden. Eine Recherche im Auftrag mehrerer Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen, darunter Urgewald, FIAN und eine kongolesische Organisation, kam zu dem Ergebnis, dass viel Geld in Managergehälter, Berater und Honorare für einen einflussreichen kongolesischen Politiker geflossen wäre. Von versprochenen Schulen, renovierten Arbeiterunterkünften und Wasserpumpen sei bislang kaum etwas zu sehen. 

Vor allem aber hinterfragt der Bericht, warum im Zuge des Eigentümerwechsels nicht an Konzessionen gerüttelt und mit Gemeinden vor Ort nach neuen Beteiligungsformen gesucht worden sei. „Anstatt die Insolvenz von Feronia Inc. zum Anlass zu nehmen, lokale Unternehmen in der Hand der Gemeinden aufzubauen und den Menschen ihr Land zurückzugeben, halten die Entwicklungsbanken an diesem kolonialen Modell von Landnutzung durch Plantagenwirtschaft fest“, so der Bericht.

Eine alternative Finanzierung wurde nicht erwogen

Die DEG verneint die Frage, ob sie und ihre Partnerbanken aus Großbritannien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden und Belgien alternative Finanzierungsmodelle oder Eigentümerstrukturen erwogen haben. Gemäß ihrem Auftrag finanziere sie private Unternehmen, die in Entwicklungsländern investieren, antwortete sie schriftlich. Damit verbunden seien oft schwierige und schwer vorherzusehende Rahmenbedingungen. „Die langfristig orientierte Begleitung von Unternehmen, die ein wichtiger Motor für Entwicklung sind, ist daher aus unserer Sicht wichtig.“ Nach dem Verkauf von PHC an Straight KKM 2 Ltd. habe man „nach sorgfältiger Abwägung“ entschieden, das Engagement als Darlehensgeber fortzusetzen. Als Entwicklungsfinanzierer wolle man weiter zur Fortführung des Vorhabens beitragen, zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Einkommen sowie zur Versorgung der lokalen Bevölkerung mit einem wichtigen Grundnahrungsmittel in einem der ärmsten Länder weltweit.

Auch den Vorwurf des NGO-Berichts, Entwicklungsgelder brächten mehr Unglück als Entwicklung in die Gemeinden, lässt die DEG nicht gelten. Während die Zivilgesellschaft Entwicklung in der Rückgabe von Land sieht, das den Gemeinden vor mehr als 100 Jahren geraubt wurde, legt die DEG den Fokus auf „das intensive Befassen mit Umwelt- und Sozialaspekten“. Diese seien im Austausch der Entwicklungsfinanzierer mit dem neuen Eigentümer ausführlich erörtert worden. PHC wolle in Kürze eine Zusammenfassung des vereinbarten Umwelt- und Sozialaktionsplans veröffentlichen, der auch „konkrete Schritte“ in Bereichen wie soziale Entwicklung, Gesundheit und Wohnen festlege. Die Verfasser des NGO-Berichts hätten die DEG im Übrigen nicht kontaktiert.

Bleibt die Frage der Streitschlichtung zwischen Gemeinden vor Ort und PHC, die das unabhängige Beschwerdegremium der DEG vor zwei Jahren genehmigt hatte. Die NGOs monieren, dass dieses Verfahren bis heute nicht begonnen hat. Die DEG teilt dazu mit, Experten hätten sich Eindrücke vom Sachverhalt sowie von den Sichtweisen der verschiedenen Beteiligten verschafft, auch mit Besuchen vor Ort. Dabei ging es laut DEG zunächst darum, mögliche relevante Teilnehmer zu identifizieren und Sachverhalte zu konkretisieren, zu denen die Mediation durchgeführt werden solle. Allerdings habe wegen der Ebola-Epidemie 2019 in Teilen der DR Kongo und jetzt wegen Corona „leider bisher nicht mit dem Mediationsverfahren begonnen“ werden können, erläutert die DEG. Die vom Expertenpanel erwogene Möglichkeit einer Mediation übers Telefon oder das Internet sei als nicht praktikabel verworfen worden. Die DEG betont aber, sie unterstütze die geplante Mediation weiterhin.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2021: Sport im Süden
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