Zeit für neue Allianzen

USAID
Donald Trump zerschlägt die US-Entwicklungshilfe – mit fatalen Folgen für die Menschen im globalen Süden. Um die Lücke zu füllen, müssen neue Wege probiert und bisherige Strukturen reformiert werden, kommentiert Melanie Kräuter.

Melanie Kräuter ist Redakteurin bei "welt-sichten".

Bereits nach sechs Wochen, nicht erst nach der auf 90 Tage angesetzten Prüfungsperiode, hat US-Außenminister Marco Rubio Fakten geschaffen und auf X verkündet, dass 83 Prozent aller Programme der US Agency for International Development (USAID) gestrichen werden. Seine Begründung: USAID habe „Dutzende von Milliarden Dollar in einer Weise ausgegeben, die nicht den grundlegenden nationalen Interessen der Vereinigten Staaten diente (und in einigen Fällen sogar schadete)“. Die verbleibenden Programme sollen nun – nach Absprache mit dem Kongress – effizienter in seinem Außenministerium verwaltet werden. Inzwischen gibt es auch Meldungen über Pläne, eine neue US-Agentur nur für humanitäre Hilfe zu schaffen. 

In den ersten 60 Tagen seiner zweiten Amtszeit hat Donald Trump die internationale Zusammenarbeit, multilaterale Abkommen sowie Partnerschaften mit Verbündeten zertrümmert. Im Fall von USAID zeigen sich die Folgen schon jetzt: Flüchtlinge in Lagern etwa in Kenia können nicht mehr versorgt und lebenswichtige Medikamente nicht mehr verteilt werden. 2023 gaben die USA rund 65 Milliarden Dollar für Entwicklungszusammenarbeit (inklusive 43 Milliarden für USAID) aus. 42 Prozent der humanitären Hilfe der Vereinten Nationen wurde von den USA bezahlt, etwa ein Viertel der Gelder floss in Gesundheitsprogramme.  

Trump könnte stolz auf die Arbeit von USAID sein 

Deswegen gefährdet die Streichung der USAID-Programme Millionen Menschenleben vor allem in Afrika, aber auch in Kolumbien, Pakistan oder Syrien. Umgekehrt haben Forscher des Center for Global Development errechnet, dass mit Hilfe der USA jeden Tag 9000 Menschenleben gerettet werden, vor allem durch HIV- und Aids-Programme sowie solchen zur Müttergesundheit. Anstatt also stolz zu sein, wie viel Gutes USAID mit einem Budget, das gerade einem Prozent des gesamten US-Haushaltes (und zehn Prozent des Vermögens von Elon Musk) entspricht, bewirken kann, kürzt Trump bei den Ärmsten und Verletzlichsten und bringt die USA um Einfluss, Ansehen und Aufträge.

Selbst wenn Trump und Co. doch noch den Entscheidungen von Bundesrichtern folgen, die auf die Verfassung verweisen, oder sich die Republikaner daran erinnern, dass eine Abschaffung von USAID nur durch den Kongress beschlossen werden darf, werden die USA nicht wieder ähnlich viel Hilfe leisten wie vorher. Die internationale Gemeinschaft braucht einen Plan B.  

Die Finanzierung von Hilfe muss diversifiziert werden

Das Geld für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, das die USA jetzt kürzen, muss in Zukunft aus anderen Quellen kommen, auch wenn die riesige Lücke nicht komplett gefüllt werden kann. Vor allem sollte die Finanzierung diversifiziert werden, um nicht neue Abhängigkeiten zu schaffen. Zum einen müssen stark betroffene Länder wie etwa Uganda eigenständiger werden und selbst Geld mobilisieren. Nigeria hat schon 200 Millionen Dollar freigemacht, auch die Regierungen in Botsuana, Kenia oder Kamerun versuchen Geld zumindest für die Versorgung von HIV-Patienten zu mobilisieren. Dafür sind private Unternehmen, aber auch die reichen Eliten und die Zivilgesellschaft gefragt. Ein gutes Zeichen ist, dass in aller Welt gerade Spendenplattformen aufgebaut werden, teils von geschassten USAID-Mitarbeitern. 

Damit die Regierungen im globalen Süden ihre öffentlichen Aufgaben wie die Gesundheitsversorgung selbst finanzieren können, müssen zudem Entschuldung und Korruptionsbekämpfung vorangetrieben werden. Was Experten und NGOs seit Jahren fordern, hat mit der Kürzung der Hilfsgelder neue Dringlichkeit erhalten. Hier könnten die Gläubiger mit einem Schuldenerlass viel bewirken. 

Europa darf nicht dem Beispiel Trumps folgen

Eine zweite Möglichkeit sind neue Allianzen, vor allem von Staaten des globalen Südens untereinander. Denn auch europäische Länder kürzen ihre Entwicklungsgelder. Dennoch muss verhindert werden, dass sie dem Beispiel Trumps folgen. Europa muss ein verlässlicher Partner für den globalen Süden bleiben. China wird in manchen Fällen die Lücken von USAID füllen, allerdings engagiert sich die Volksrepublik bisher eher mit Infrastrukturprojekten und Krediten. Dennoch konnten sich Entwicklungsexperten aus China und Indien jüngst bei einem Webinar Kooperationen ihrer Länder gut vorstellen. Ein Schock für das System biete die Chance, Dinge anders zu machen, sagt Elizabeth Sidiropoulos, die Leiterin des südafrikanischen Instituts für Auslandsbeziehungen.

Auch sogenannte Dreieckskooperationen, wie es sie schon länger zwischen Deutschland und Ländern des Südens bei einzelnen Projekten gibt, könnten ausgeweitet werden. Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz haben zudem Deutschland, Kolumbien, Costa Rica, Frankreich, Irland, Marokko, Norwegen, Peru und das Vereinigte Königreich erklärt, dass sie bereit sind, multilaterale Entwicklungsarbeit zu unterstützen und sich für die Erreichung der SDGs einzusetzen. Wichtig ist, dass bei einer Neustrukturierung das bisherige System der Auslandshilfe kritisch hinterfragt und reformiert wird. Nur die Lücken zu füllen, ist keine zukunftsfähige Lösung.

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