Der Konflikt zwischen der indigenen Bevölkerung und dem indonesischen Staat hat eine lange Geschichte. Nach der niederländischen Kolonialherrschaft hatte Indonesien West-Papua, den westlichen Teil der Insel Neuguinea, 1963 militärisch besetzt. Die Wahlen, die 1969 zu ihrer offiziellen Eingliederung in den indonesischen Staat führen sollten, waren zu Ungunsten der Indigenen manipuliert. Seither schwelt ein Konflikt zwischen den einheimischen Papua und dem indonesischen Staat, der Sicherheitskräfte und Militär auf der Insel angesiedelt hat, um seine Interessen und die internationaler Rohstoffunternehmen zu sichern. Schätzungsweise 100.000 Menschen haben seit 1969 ihr Leben verloren.
Nur selten macht der Konflikt international Schlagzeilen. Ausländische Journalisten und Menschenrechtsorganisationen erhalten keinen Zutritt. Deshalb ist wenig darüber bekannt, dass die indigenen Papua immer wieder groben Menschenrechtsverletzungen wie illegalen Verhaftungen, Folter oder offener Gewalt ausgesetzt sind – etwa wenn sie für ihre Unabhängigkeit demonstrieren oder sich gegen die Ausbeutung von Rohstoffen wehren. In jüngster Zeit ist insbesondere die Zahl der politischen Verhaftungen gestiegen. 2014 wurden 370 Menschen verhaftet, im Jahr darauf waren es 1083. Allein zwischen April und Juni 2016 wurden fast 4200 Menschen verhaftet, darunter auch Kinder, wie das West-Papua-Netzwerk jetzt auflistet.
„Die illegalen Verhaftungen haben ein Ausmaß angenommen, das es bisher nicht gegeben hat“, sagt Norman Voss, der Koordinator des West-Papua-Netzwerks, dem unter anderem Brot für die Welt, die Evangelischen Kirchen im Rheinland, in Westfalen und in der Pfalz sowie die Vereinte Evangelische Mission angehören. Das Netzwerk versuche deshalb nun verstärkt, Öffentlichkeit für den Konflikt in Papua zu schaffen. Derzeit verhandelten Indonesien und die Europäische Union (EU) über ein Freihandelsabkommen und man hoffe, dass damit eine größere Öffentlichkeit zu erreichen ist. Mittlerweile engagierten sich auch indonesische Menschenrechtsorganisationen außerhalb der Provinz für die Papua. Vor Ort unterhält die Evangelische Kirche in West-Papua (GKI) ein eigenes Menschenrechtsbüro.
Die GKI ist mit schätzungsweise 800.000 Mitgliedern die größte Kirche in der Provinz und repräsentiert rund 40 Prozent der Indigenen. Sie sind fast ausschließlich Christen, wobei sich das Gesellschaftsgefüge auf der Insel in den vergangenen Jahrzehnten durch die indonesische Transmigrationspolitik stark verändert hat: Der Staat schafft Anreize, damit Indonesier aus dicht bevölkerten Gegenden nach Papua übersiedeln. 1970 machten die indigenen Papua noch fast 95 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, heute sind es nur noch 40 Prozent. Die meisten Indonesier, die sich in Papua ansiedeln, sind zudem Muslime. „Die Frage der Religion würde ich aber nicht überbewerten“, sagt Voss. „Das Grundproblem des Konfliktes sind Rassismus, Diskriminierung, Marginalisierung und Gewalt an den Papua.“
Unlängst hat auch der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) Solidarität mit Papua gefordert. Er will „so bald wie möglich“ eine ökumenische Delegation nach West-Papua schicken, „um die Stimmen der Opfer der Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen zu hören“. Ob eine solche Gruppe Zugang zu den beiden Provinzen bekommt, wird laut Norman Voss stark davon abhängen, wie offiziell ein solcher Besuch gestaltet wird. „Wenn sie auf diplomatischer Ebene mitspielen wollen, werden die Behörden vermutlich alles versuchen, um ein Treffen zu unterbinden.“
Einen Austausch unter Kirchen hingegen könne Jakarta kaum ablehnen. Dafür sei die GKI ein zu wichtiger gesellschaftlicher Akteur. „Die Kirche setzt sich für Rechtsstaatlichkeit ein und prangert Menschenrechtsverletzungen an. Sie ist aber keine Unabhängigkeitsbewegung, und das macht sie zu einem glaubhaften Gesprächspartner für die Regierung“, sagt Voss.
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