In Myanmar regnet es seit Tagen ununterbrochen. Die heftigen Regenfälle haben in zwölf Landesteilen zu den stärksten Überschwemmungen der vergangenen Jahrzehnte geführt. Fast eine Million Menschen sind betroffen und die Pegelstände steigen weiter. Jetzt sind Nothelfer und Geld für die akute Katastrophenhilfe gefragt. „Bisher findet humanitäre Hilfe leider allzu oft erst nach dem Eintreten einer Katastrophe statt. Dabei wissen wir oft schon voher, in welchen Regionen ein Unwetter droht“, sagt Thorsten Klose vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Deshalb testet das Hilfswerk mit Fördermitteln aus dem Auswärtigen Amt in den kommenden zwei Jahren ein neues Frühwarnsystem.
Das Pilotprojekt zielt darauf ab, die Nothilfe besser mit meteorologischen Vorhersagen zu verzahnen. Die sind mittlerweile ziemlich zuverlässig: Klimaforscher und Wetterexperten können die Wahrscheinlichkeit von Dürren bis zu sechs Monate im Voraus bestimmen, auch die Gefahr von Überschwemmungen kann oft schon Tage vor ihrem Eintreten erkannt werden. Doch oft fehlt den Menschen im potenziellen Katastrophengebiet das Wissen, wie die Wetterdaten zu deuten sind. Und den Behörden sowie manchen Hilfsorganisationen mangelt es an notwendigen Plänen, darauf angemessen zu reagieren. Noch tauschen sich Wissenschaftler zu wenig mit Hilfsorganisationen aus. Die Warnungen der Meteorologen laufen ins Leere, vorsorgende Maßnahmen bleiben aus.
Laut DRK-Mann Klose ist es schwierig, Mittel für die Katastrophenprävention zu erhalten. Spenden flössen in der Regel erst nach einer Überschwemmung oder einem Wirbelsturm. Und bei den Behörden sei die Angst vor finanziellen Verlusten im Fall eines Fehlalarms groß, erklärt er.
Warnen allein hilft nicht - der Ablauf muss sitzen
In Peru, Bangladesch und Mosambik ermitteln nun die nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften gemeinsam mit regionalen Wetterexperten spezielle Frühwarnindikatoren. Überschreitet etwa die Menge der Niederschläge im Süden Mosambiks einen bestimmten Wert, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Limpopo-Fluss über die Ufer tritt. Dann werden vorher vereinbarte Abläufe ausgelöst: Flutkanäle werden gereinigt, das Saatgut wird in Plastiksäcken gesichert und Heizdecken werden bereitgestellt. Im Ernstfall können einzelne Regionen frühzeitig evakuiert werden. Die nationalen Rotkreuzgesellschaften legen die Abläufe fest und sorgen dafür, dass sie eingehalten werden. Dadurch sei garantiert, dass eine bessere Vorbereitung auf den Katastrophenfall nicht an den regionalen Strukturen vorbei organisiert wird, betont Klose.
In allen drei Ländern des Pilotprojektes bestehen bereits Frühwarnsysteme auf nationaler Ebene. In Bangladesch etwa warnt das staatliche Katastrophenamt die Bevölkerung via SMS vor Überschwemmungen. Ähnliche Maßnahmen haben auch internationale Hilfsorganisationen ins Leben gerufen. Peter Rottach von der Diakonie Katastrophenhilfe weist auf die Schwächen solcher Systeme hin. „Wenn zu oft Alarm ausgelöst wird, ohne dass etwas passiert, reagieren die Menschen nicht mehr“, sagt er. Selbst ein technisch einwandfreies Frühwarnsystem reiche nicht aus. Das wichtigste sei, Menschen in den gefährdeten Regionen regelmäßig zu schulen.
Das DRK ist nicht die einzige Hilfsorganisation, die sich mit neuen Methoden zur Katastrophenprävention befasst. Aus Myanmar berichtet Johannes Kaltenbach von Malteser International: „Unsere Frühwarnung hat funktioniert.“ Die von der Organisation geschulten Katastrophenvorsorgeteams seien gut vorbereitet gewesen und konnten per Handy mitteilen, welche Hilfe noch fehlt.
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