Nach dem langen Bürgerkrieg zwischen den Hutu und den Tutsi in Burundi mit mehr als 300.000 Toten gelang es einem internationalen Mediationsteam 2001, die Konfliktparteien zur Unterzeichnung des Friedensabkommens von Arusha zu bewegen. Der Schweizer Mediator Julian Hottinger war Teil des Teams. Die Schweizer Organisation Initiatives et Changement International vermittelte in den folgenden Jahren gemeinsam mit Südafrika und unterstützt vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) weiter zwischen den Rebellen und der Regierung und half die Rebellenorganisation Palipehutu-FNL in eine politische Partei umzuwandeln.
Doch das Vertrauen in die Demokratisierung ist gering, wie der Wahlboykott im Jahr 2010 und die jüngsten Ereignisse in dem ostafrikanischen Land zeigen. Deshalb fördert die Schweiz weiterhin den Dialog zwischen den politischen Parteien. Sie setzt sich zudem für die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen ein und unterstützt die Kontrolle von Kleinwaffen.
Das Beispiel zeigt, wie breit gefächert das schweizerische Friedensverständnis ist. Es orientiert sich am Konzept der menschlichen Sicherheit der Vereinten Nationen (UN): Neben Hilfe bei der Demokratisierung, dem Schutz der Zivilbevölkerung und der Menschenrechte umfasst das Schweizer Engagement den Zugang zur Grundversorgung mit Wasser und sanitären Einrichtungen sowie die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung. Das Beispiel zeigt zudem den Instrumentenmix, den die Schweiz in Konfliktgebieten einsetzen kann: von der Mediation bis hin zur Friedenskonsolidierung. Und es zeigt, dass die Schweiz auch mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen verhandelt, da sie überzeugt ist, dass nur im Dialog mit allen Konfliktparteien Lösungen gefunden werden können.
Die Abteilung für Menschliche Sicherheit
Zuständig für die in der schweizerischen Bundesverfassung verankerte Friedensförderung ist die Abteilung für Menschliche Sicherheit (AMS) im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten. Ihr stehen jährlich rund 80 Millionen Franken zur Verfügung. In einer Welt globalisierter Sicherheitsrisiken werde von der wohlhabenden Schweiz erwartet, dass sie „in adäquater Weise zur Lösung globaler Probleme beiträgt“, hielt der ehemalige AMS-Leiter Thomas Greminger einst in einer Studie fest. Die AMS setzt den Großteil seiner Mittel in acht Schwerpunktländern und Regionen ein, vor allem für Mediation, Vergangenheitsbewältigung, Verfassungsberatung, diplomatische Initiativen und für ihre Fachleute für internationale Friedensmissionen und Wahlbeobachtungen.
Wo die Schweiz den Frieden fördert
Doch die Schweizer Friedensförderung ist keineswegs selbstlos: Sie bewegt sich im Rahmen der Interessen der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik und arbeitet mit ähnlich gesinnten Staaten und internationalen Organisationen zusammen. Zu den Interessen gehören der Schutz Schweizer Investitionen und Exporte, Sicherheit für die Schweizer Bürgerinnen und Bürger, außenpolitische Sichtbarkeit, aber auch eine Begrenzung der Migration.
In den Augen der Zivilgesellschaft mangelt es vor allem an Kohärenz: Die friedenspolitischen Bemühungen würden durchkreuzt von den Schweizer Rüstungsexporten, der Außenhandelspolitik und dem Anliegen, Schweizer Konzerne und den Finanzplatz vor internationalen Rechtsnormen und Regulierungen zu schützen, schreibt der auf Friedenspolitik spezialisierte Journalist Andreas Zumach im jüngsten Newsletter des Kompetenzzentrums Friedensförderung (KOFF). Der Eigennutz der Schweiz sei auch in der Energie- und der Klimapolitik sichtbar. „Momentan lautet der Tenor: Sicherheit für uns, Frieden für die anderen“, sagt Sidonia Gabriel, die Leiterin des KOFF.
Diskretion ist wichtig
Das Kompetenzzentrum Friedensförderung wurde 2001 von der AMS ins Leben gerufen, um die Zivilgesellschaft stärker in das friedensfördernde Engagement einzubinden. Es dient als Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) und Initiativen sowie dem Aufbau von Kapazitäten in der zivilen Friedensförderung. Seit der Gründung des Zentrums haben die NGOs die staatlichen Institutionen vor allem mit technischem Know-how unterstützt.
Sie haben Friedensarbeit an der Basis geleistet und so die hohe Diplomatie am anderen Ende des Spektrums ergänzt. Sie haben Instrumente zur Konfliktsensibilisierung erarbeitet, Fachwissen in der Vergangenheitsbewältigung aufgebaut und sich für eine stärkere Rolle von Frauen in der Konfliktbearbeitung engagiert. Und sie stärken zivilgesellschaftliche Kräfte in Konfliktgebieten, so dass die Bevölkerung über politische Kanäle und nicht über Gewalt ihre Rechte und Anliegen einfordern kann.
Doch Geld für eigene friedensfördernde Projekte im Ausland müssen sich die zivilgesellschaftlichen Organisationen im Budget für die Entwicklungszusammenarbeit besorgen, was dazu führt, dass ihre Arbeit wenig sichtbar ist: Berichtet wird vor allem über die entwicklungspolitischen Aspekte. Erst seit dem vergangenem Jahr hat auch die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) eine Strategie für Friedenskonsolidierung für die Arbeit in fragilen Staaten.
Autorin
Rebecca Vermot
ist Redakteurin bei der Schweizerischen Depeschenagentur sda und ständige Korrespondentin von "welt-sichten".Die Schweiz habe ausgezeichnete Instrumente wie die Abteilung für Menschliche Sicherheit und „eine fitte Zivilgesellschaft“, sagt Gabriel. Doch das Potenzial werde nicht ausgeschöpft. Die Vielfalt der Schweiz für die Friedensförderung müsse besser genutzt und unterstützt werden. Deshalb will sich der zivilgesellschaftliche Arm der schweizerischen Friedensförderung künftig stärker dafür engagieren, dass Frieden nicht bloß hübsches Beiwerk und Aushängeschild bleibt, sondern zum politischen Thema wird.
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