Wenn der Boden unter den Füßen schwindet

Weltweit wächst der Hunger nach Land. Längst haben Investoren die Äcker in Entwicklungsländern als Kapitalanlage entdeckt. Die weitreichenden sozialen Folgen zeigt der österreichische Filmemacher Kurt Langbein an Beispielen aus Europa, Afrika und Asien.

„Landraub“ hat der Regisseur seinen Film etwas polemisch genannt. Treffender wäre „Landgrabbing“ gewesen. Dieser Begriff bezeichnete ursprünglich die illegale Aneignung. Er wird jedoch zunehmend für den legalen, aber fragwürdigen Erwerb von Land durch Regierungen oder Konzerne in Entwicklungs- und Schwellenländern verwendet. Das trifft auf die meisten Fälle zu, die Langbein schildert. In den vergangenen 15 Jahren haben Investoren weltweit mehr Ackerfläche gekauft, als es insgesamt in Europa gibt.

Auf besonders eklatante Missstände ist Langbein in Kambodscha und Äthiopien gestoßen. In Äthiopien rühmt sich der niederländische Agrarproduzent Jan Prins seines Gemüses, das dank des Klimas prächtig gedeiht. Aufgrund der niedrigen Transport- und Lohnkosten sticht er die europäische Konkurrenz locker aus. Eine Arbeiterin berichtet allerdings, dass sie monatlich 24 Euro im Gewächshaus verdient und am Ausgang abgetastet wird, damit sie kein Gemüse herausschmuggeln kann: „Ich habe noch nie vom Gemüse gegessen, das ist streng verboten“, sagt sie.

Allein im vergangenen Jahr hat Äthiopien mehr als zwei Millionen Hektar Ackerland an Investoren vergeben. Der deutsche Agrarwissenschaftler Felix von Löwenstein spricht bereits von einer neuen Welle des Kolonialismus. Die ineffektive Nutzung des Landes durch die Agrarindustrie werde soziale Folgen haben, „die uns eines Tages teuer zu stehen kommen werden“, warnt er vor der Kamera.

Am Beispiel des kambodschanischen Mönchs Luon Sovath zeigt der Film aber auch, dass sich allmählich Widerstand gegen das Landgrabbing regt. Er filmt in seinem Heimatland, wie Bauern mithilfe von Bulldozern vertrieben und ihre Hütten niedergebrannt werden. Die Videos lädt er auf Facebook hoch. Nach seinen Angaben haben Behörden und der vietnamesische Konzern Bin Phoeuk die Häuser von fast 500 Familien zerstört. Die Regierung Kambodschas habe zwei Drittel der gesamten Anbaufläche des Landes an ausländische Konzerne vergeben.

Die Europäische Union (EU) hat an der Vertreibung der Bauern kräftig mitgewirkt: Als eines der ärmsten Länder der Welt profitiert Kambodscha vom zollfreien Marktzugang in die EU. Besonders lohnend ist der Verkauf von Zucker. Bis 2008 wurde in Kambodscha kein Zuckerrohr angebaut, heute gibt es Plantagen auf mehr als 100.000 Hektar. Nun ließen sich die europäischen Unternehmen das profitable Geschäftsmodell nicht mehr kaputtmachen, kritisiert der EU-Parlamentarier Martin Häusling im Film.

In anderen Ländern ist das Landgrabbing subtiler organisiert. Dazu zählt Sierra Leone, wo das Schweizer Unternehmen Addax Bioenergy Land von armen Bauern gepachtet hat, auf dem es Zuckerrohr anbaut und zu Ethanol verarbeitet. Doch viele Einheimische bereuen den Deal, die Entschädigungen für gefällte Ölpalmen waren viel zu niedrig und die Bewässerung der Plantagen lässt die Dorfbrunnen versiegen.

In Rumänien hat der österreichische Agrarindustrielle Andreas Bardeau preiswert riesige Grundstücke gekauft, um Getreide anzubauen. Heute sind acht Prozent der landwirtschaftlichen Fläche des Landes in ausländischer Hand. Und die Grundstückspreise sind so rasant gestiegen, dass traditionelle Landwirte nicht mehr mithalten können.

Der Film beleuchtet das Problem des Landgrabbing kenntnisreich anhand von teils drastischen Beispielen, driftet jedoch teils zu weit in Aspekte wie Ökolandwirtschaft ab. Mehr Konzentration auf das Kernthema wäre zielführender gewesen.

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