Im „kurzen Hemd“ auf hoher See

Greenpeace: Neuer Hochsee-Kommission fehlen Befugnisse
Greenpeace: Neuer Hochsee-Kommission fehlen Befugnisse

(12.2.2013) Klimawandel, Überfischung und Ressourcenabbau schädigen das Leben in der Hochsee. Die Weltbank schätzt den daraus entstehenden Schaden auf jährlich 50 Milliarden Dollar. Nun soll die neu gegründete Global Ocean Commission den Vereinten Nationen (UN) Empfehlungen für einen staatenübergreifenden Schutz der Hochsee vorlegen. Diese Vorschläge sind für die UN allerdings nicht bindend, beklagt die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Dabei werde ein UN-Hochseeschutzabkommen dringend gebraucht.

Etwa 370 Kilometer vor der Küste eines Landes endet die nationale Hoheitsgewalt, und es beginnt „die Freiheit“ der Hohen See. So regelt es das sogenannte Seerechtsübereinkommen. Die Hochsee ist zwar kein rechtsfreier Raum, sondern es gibt eine Reihe von Organisationen, die sich um einzelne Bereiche kümmern – die Internationale Meeresbodenbehörde etwa oder die Internationale Schifffahrtsorganisation. Aber diese agieren getrennt voneinander, es gibt keinen direkten Austausch.

Die Hohe See bedeutet für Thilo Maack, Meeresbiologe bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace, „eine Riesenrechtslücke“: „Die Seerechtskonvention ist seit den 1970er Jahren nicht überarbeitet worden.“ Seither sei die Hohe See aber massiven Bedrohungen durch Überfischung, den Klimawandel und die Versauerung der Ozeane ausgesetzt. 50 Prozent der weltweiten Fischbestände sind bereits überfischt, ein weiteres Drittel vom Aussterben bedroht. Hinzu kommt das wachsende globale Interesse an Bodenschätzen und Ölreserven. Die Weltbank schätzt, dass durch die Folgen all dieser Faktoren jährlich ein Schaden von 50 Milliarden Dollar entsteht.

Nun soll sich die in London neu gegründete Global Ocean Commission (GOC) mit dem Schutz der Hochsee befassen. Deren Chef David Miliband, ehemaliger britischer Außenminister, nennt die Ausbeutung der Meere gar „eine größere Katastrophe als die Weltfinanzkrise“. Die GOC arbeitet eigenständig und soll den Vereinten Nationen (UN) bis zum kommenden Jahr Empfehlungen zur besseren und staatenübergreifenden Regulierung vorlegen. Diese Vorschläge sind für die UN allerdings nicht bindend, sondern dienen nur als Orientierungshilfe.

Meeresbiologe Maack sieht zumindest in der Besetzung der Kommission „ein positives Signal“: Neben Miliband gehören der ehemalige costa-ricanische Präsident José María Figueres, Südafrikas Ex-Finanzminister Trevor Manuel sowie der Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy, der GOC an. „Das sind politische Schwergewichte, die gut vernetzt sind, die handfeste Vorschläge liefern wollen, um die bisherige sektorale Politik zusammenzuführen, und die in den Regierungen ihrer Länder sicher etwas bewegen können“, sagt Maack zu „welt-sichten“. Auch dass die Kommission auf eine Initiative der nicht-staatlichen, US-amerikanischen PEW-Stiftung zurückgehe, die gute Kontakte zur UN unterhalte, sieht der Greenpeace-Experte positiv. Was ihre Entscheidungsbefugnisse anbelangt, sei die GOC aber „leider mit kurzem Hemd im Wind unterwegs“: Dabei sei ein „UN-Hochseeschutzabkommen dringend erforderlich“.

Eine neue EU-Verordnung will das Problem der Überfischung beenden 

Maack forderte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) auf, seine Zusage einzuhalten und sich für den Schutz der Hochsee einzusetzen. Nach dem Rio-Gipfel im Sommer vergangenen Jahres hatte Altmaier für „eine ,Koalition der Willigen“ plädiert, um auch beim Meeresschutz die nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. „Bisher haben wir davon aber leider nichts mehr gehört“, sagte Maack.

Mit der Überfischung hatte sich in der vergangenen Woche bereits das EU-Parlament befasst. Nach einer neuen Verordnung sollen die Fangquoten so angepasst werden, dass sich die Fischbestände erholen können. Vorgesehen ist auch ein Verbot sogenannter Rückwürfe. Derzeit werden im Durchschnitt 40 Prozent der Fische, die zumeist schon tot sind (Beifang), wieder ins Meer zurückgeworfen. Wer gegen die Regeln verstößt, soll künftig keine Fördermittel mehr erhalten. Die EU-Staaten müssen der Reform des Fischereirechts allerdings noch zustimmen. (osk)

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