(7.8.2013) Kaffee, Bananen, Rosen: Immer mehr Verbraucher achten beim Einkauf auf fair gehandelte Produkte – diese versprechen besseren Arbeitsschutz und gerechtere Löhne für Bauern oder Handwerker in den Herkunftsländern. Im vergangenen Jahr stieg der Absatz von Fair-Trade-Waren um 36 Prozent auf 650 Millionen Euro, teilte das Forum Fairer Handel (FFH) mit. Der Appell an die Bundesregierung, erweiterte Transparenzpflichten für Unternehmen einzuführen, blieb bislang aber ungehört.
Mehr als 50 Unternehmen sind 2012 in das Geschäft mit fairen Waren eingestiegen, darunter Edeka, Real und Aldi Nord sowie die Drogeriekette dm. Sie sehen in dem Etikett ein Qualitätsmerkmal für eigene Marken. Der Lebensmitteleinzelhandel ist somit nicht nur der größte Absatzmarkt – mit einem Anteil von 55 Prozent – sondern garantiert auch die größten Zuwächse. Dank des Einstiegs verschiedener Handelsketten gingen dreimal so viel fair gehandelte Blumen – vor allem Rosen – über den Ladentisch als noch 2011, sowie deutlich mehr Südfrüchte. Und auch die Gastronomie erweist sich als Wachstumsmotor: Knapp ein Drittel des fair gehandelten Kaffees wird in Hotels oder Gaststätten ausgeschenkt. Zur Massenware werden fair gehandelte Produkte deswegen noch nicht – auch wenn laut Studien immer mehr Konsumenten die Herstellungsbedingungen ihrer Einkäufe hinterfragen.
„Fair Trade verfügt über ein sehr glaubwürdiges Kontrollsystem“
Faire Waren hätten noch immer einen „verschwindend geringen“ Anteil am Gesamthandel, räumt FFH-Geschäftsführerin Antje Edler ein. Dennoch drängt sich die Frage auf: Wenn immer größere Mengen nachgefragt werden – und es laut Edler zu Lieferengpässen kommen kann –, sind dann die Standards auf Dauer noch zu halten? Immerhin sollen die Lieferbeziehungen zu den Produzenten langfristig und transparent und die Preise gerecht sein.
Die Gefahr, dass das Qualitätssiegel verwässert wird, sieht Edler aber nicht – zumindest vorläufig: „Fair Trade verfügt nach wie vor über ein sehr glaubwürdiges Kontrollsystem.“ Dennoch scheint es Bedenken zu geben: Nach dem Eintritt großer Akteure müsse beobachtet werden, ob die Standards sinken. Denn auf größeren Plantagen seien diese durchaus umstritten. „Ein Verdrängungswettbewerb ist bislang nicht nachweisbar“, erklärte Edler. Aber man müsse wachsam bleiben.
Weniger Sorgen macht sich die Fair-Trade-Geschäftsführerin um eine aggressive Preispolitik der Großeinkäufer von Discountern. Ein Mindestpreis und die faire Behandlung der Produzenten seien garantiert, versicherte sie. Supermarktketten könnten zwar bei den eher teuren Waren vergleichsweise günstige Preise anbieten. Das liege aber daran, dass sie große Mengen einkaufen und damit andere Kostenvorteile zum Tragen kommen.
Schwarz-Gelb setzt, wie so oft, auf freiwillige Regeln
Das Forum verstehe sich auch als „politische Bewegung, die Rahmenbedingungen für den globalen Handel verbessern will“, betonte Edler. Weltweit arbeiteten 150 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen. Der Pestizideinsatz beim Anbau von Bananen, Ananas, Mangos und Kaffee verursache große Schäden für Gesundheit und Umwelt.
Um Verstöße gegen Menschenrechte in internationalen Lieferketten aufzudecken und zu verhindern, appelliert das Forum Fairer Handel an die Bundesregierung, erweiterte Transparenzpflichten für Unternehmen einzuführen. Jeder Konzern müsse offenlegen, „wie es bei sich und bei seinen Zulieferern dafür Sorge trägt, dass die Menschenrechte eingehalten werden“, forderte Edler. Auch sollte jedes Unternehmen haftbar gemacht werden können, wenn es Verletzungen billigend in Kauf nimmt.
Nach einer Aufforderung der EU-Kommission an die Bundesregierung, einen solchen Aktionsplan zu erstellen, ist bei den Koalitionsparteien in Berlin allerdings kaum Bewegung zu beobachten. Im Gegenteil: Es wird – wie so oft – auf freiwillige Regeln gesetzt. Niemand, so ist zu hören, will der Wirtschaft Kosten für zusätzliche Bürokratie aufbürden. (Marina Zapf)
Tipp: Die aktuelle Studie „Fair Trade - unterwegs zu einer nachhaltigen Zukunfttsgesellschaft“ vom Zukunftsinstitut Frankfurt am Main kann man hier bestellen.
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