Was bringt der faire Handel im Kampf gegen Armut und Ungerechtigkeit? Das große Interesse an dieser Frage hat schon viele umfangreiche Studien hervorgebracht – besonders gut ist dokumentiert, wie die Kaffeebauern in Lateinamerika vom Anbau fairer Bohnen und dem Handel damit profitieren. Transfair Deutschland und die Schweizer Max-Havelaar-Stiftung wollten es zu ihrem 20-jährigen Bestehen genauer wissen. Für die neue Studie ließen sie das CEval aus Saarbrücken vier Länder auf drei Kontinenten und sechs Zweige des fairen Handels untersuchen.
Die Wissenschaftlerinnen haben in Ghana, Kenia, Peru und Indien 32 Gruppendiskussionen und 128 Einzelinterviews mit Bauern und Arbeitern geführt sowie 3750 Fragebögen und Literatur ausgewertet. Beim Anbau von Kakao, Blumen, Kaffee, Bananen, Tee und Baumwolle haben sie die Entwicklung von zertifizierten Kleinbauernkooperativen, Plantagen und Vertragsbauern mit konventionellen Organisationen im Blick auf Bildung, Gesundheit und die Gleichberechtigung von Frauen verglichen.
Sie kommen zu dem Schluss, dass Produzenten und Arbeiter im fairen Handel höhere und stabilere Einkommen haben und deshalb auch Geld sparen können oder besser an Kredite kommen. Mehr als vier Fünftel der Arbeiter auf der untersuchten fairen Blumenplantage in Kenia sind fest unter Vertrag – auf konventionellen Plantagen ist es nur knapp ein Fünftel. Die Fairtrade-Prämien werden laut der Studie häufig für Projekte verwendet, die der breiteren Bevölkerung zu Gute kommen und die ländliche Entwicklung insgesamt voran bringen. Auch bei Bildung und Gesundheit werden positive Effekte verzeichnet.
Bei den Frauenrechten kann der Faire Handel allein nicht viel ausrichten
Anders sieht es bei der Gleichberechtigung von Frauen aus. Hier räumt der entwicklungspolitische Referent von Transfair, Martin Schüller, „ernüchternde Ergebnisse“ ein. Doch in vielen Ländern, darunter Indien, sei die Rolle der Frauen aus kulturellen und religiösen Gründen fest zementiert. Sie dürften kein eigenes Land besitzen und haben kaum Mitspracherechte. Das könne der faire Handel trotz seiner demokratischen und partizipativen Strukturen allein nicht ändern, sagt Schüller zu Recht. Die Autorinnen der Studie empfehlen, zumindest in allen Bereichen des fairen Handels „Gender-Komitees“ einzurichten, die über die Einhaltung von Frauenrechten wachen. Dort, wo es diese Komitees bereits gebe, sei die Lage der Frauen ungleich besser.
Auch die Kinderarbeit speziell auf Kakao- und Baumwollplantagen kann durch eine Fairtrade-Zertifizierung nicht ganz ausgeschlossen werden. „Wir tun alles, um das zu verhindern“, sagt Schüller. Sehr arme Bauern seien jedoch oft darauf angewiesen, ihre Söhne und Töchter bei der Ernte mit einzuspannen. Und wenn Kooperativen über das ganze Land verteilt arbeiten sei die Kontrolle schwierig.
Das Fazit der Studie: Damit der faire Handel die ländliche Entwicklung fördern kann, müssen vor allem drei Voraussetzungen erfüllt sein. Der Anteil der zertifizierten Waren am Gesamthandel muss steigen – etwa bei Tee und Baumwolle, so Schüller. Die Produzenten müssen (besser) Bescheid wissen, was sich hinter Fairtrade verbirgt, und das Management von zertifizierten Organisationen muss die Sache ernst nehmen. Da sei noch viel Beratungsarbeit zu leisten, räumt Entwicklungsexperte Schüller ein. (gka)
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