„Engagement global“ wird die neue Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement des Entwicklungsministeriums (BMZ) in Bonn heißen, enthüllte BMZ-Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz kürzlich in Berlin vor Vertretern nichtstaatlicher Organisationen, die in der Inlandsarbeit engagiert sind. Ab kommendem Jahr soll sie den, so Beerfeltz, „Dschungel“ staatlicher Entwicklungsförderung zu einem „One-Stop-Shop“ umkrempeln. Entstehen soll ein „Bürger-Mitmach-Zentrum“.Aber, so der Staatssekretär einschränkend: Um im Inland effektive Arbeit zu leisten, könnten es ruhig ein paar weniger als 3000 Organisationen, Gruppen und Grüppchen sein, die sich derzeit quer durchs Land um mehr Verständnis für die entwicklungspolitische Sache bemühen.
Autor
Johannes Schradi
war bis Frühjahr 2013 Berlin-Korrespondent von „welt-sichten“.Das sahen die zahlreichen Aktivisten ganz anders. „Groß ist nicht unbedingt beautiful“, befand einer von ihnen. Gerade wer junge Leute erreichen will, tue gut daran, sich auch kleinen Initiativen mit überschaubarem Angebot und flachen Hierarchien zu öffnen. Auch größere Organisationen hätten die entwicklungspolitische Wahrheit nicht mit Löffeln gefressen.
Dass aber mehr Struktur hilfreich wäre, um die Inlandsarbeit „sichtbarer“ zu machen, wie das BMZ sich das wünscht, streiten auch die Basisarbeiter nicht ab. Vernetzung und Rückkoppelung – etwa über die Arbeitsgemeinschaft der Eine-Welt-Landesnetzwerke oder das nordrhein-westfälische Promotoren-Programm – könnten die Bewusstseinsbildung und das Engagement für Themen wie Fairtrade, Klimaschutz oder Nahrungsmittelsicherung beflügeln und Qualität und Breitenwirkung der Arbeit erhöhen.
Nur 25 Cent pro Bürger für politische Inlandsarbeit
Doch auch mehr Geld wäre hilfreich. Die staatlichen Zuschüsse für die Inlandsarbeit sind in Deutschland nicht gerade üppig. Laut einem NGO-Vertreter liegen sie bei gerade einmal 25 Cent pro Jahr und Bürger, Bundes- und Landeszuschüsse zusammengenommen. In skandinavischen Ländern seien es 1,30 Euro, mehr als das Fünffache. Da sei es kein Wunder, dass in Deutschland die Einsicht in den guten Sinn von Entwicklungszusammenarbeit vergleichsweise schwach bleibe.
Eine Million Deutsche, rechnen das Entwicklungsministerium und der Dachverband nichtstaatlicher Entwicklungsorganisationen Venro vor, seien derzeit in entwicklungspolitischen Organisationen engagiert. Das BMZ möchte die Zahl verdoppeln, nicht zuletzt mit Hilfe elektronischer Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Das Ministerium setzt auf „Dezentralität“ und „Regierungsferne“ – und möchte zugleich die Zügel in Händen behalten. Im neuen Bonner Bürger-Mitmach-Zentrum haben nichtstaatliche Organisationen zwar ein Mitwirkungs-, aber kein Aufsichtsrecht. Das BMZ behält
die Gestaltungshoheit darüber, wo es mit staatlich geförderter Entwicklungszusammenarbeit nichtstaatlicher Organisationen hingehen soll. „Zuviel Staatlichkeit und zu wenig Vertrauen in die Kompetenz der Zivilgesellschaft“, attestiert denn auch die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ute Koczy, der neuen Servicestelle.
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