Von einer koordinierten Strategie der IGAD oder der „internationalen Gemeinschaft“ kann keine Rede sein. Kenias Armee hat bereits Mitte Oktober die Grenze zu Somalia überquert, um dort die islamistische Miliz al-Shabaab auszuschalten. Wenig später wurden äthiopische Truppen in Somalia gesichtet. Beide Nachbarländer sehen im Fehlen eines Staates in Somalia jeweils eigene Sicherheitsprobleme: In Kenia gefährden Übergriffe bewaffneter Banden den prekären Frieden unter den Nomaden im trockenen Grenzgebiet sowie den Tourismus an der Küste. Die Entführung einer Touristin und zweier Nothelfer war der Anlass der Intervention, die aber wohl von langer Hand geplant war: Zuvor hatte Kenia versucht, al-Shabaab zu schwächen, indem es andere Milizen in Süd-Somalia bewaffnete – ohne Erfolg.
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Äthiopien dagegen trägt in Somalia erstens einen Stellvertreterkrieg mit Eritrea aus. Zweitens hegt es ein tiefes Misstrauen gegen den somalischen Nationalismus, denn ein Teil des eigenen Territorium wurde lange von Somalia beansprucht. Drittens fürchtet Äthiopien ein Übergreifen der politischen Mobilisierung unter dem Banner des Islam auf die eigenen Muslime.
Daher hat Addis Abeba 2006 mit einer von den USA gebilligten Militärintervention die einzig aussichtsreiche Ordnungsmacht in Somalia gestürzt, die Allianz der islamischen Gerichtshöfe. Diese Intervention hat al-Shabaab erst stark gemacht und in ein Bündnis mit al-Qaida getrieben. Der Kampf gegen sie sowie gegen die Piraterie vor der Küste ist das Hauptanliegen der USA. Washington setzt auf die afrikanische Stabilisierungstruppe AMISOM, die die Übergangsregierung stärken soll.Doch es ist eine Illusion zu denken, man könne von außen eine funktionierende Regierung aufbauen. Die Übergangsregierung ist machtlos, korrupt und völlig diskreditiert. Nur eine von den Somaliern selbst gestaltete Ordnung hat eine Chance auf Durchsetzung. Sie muss alle relevanten Kräfte einbinden – auch die Islamisten. Al-Shabaab ist infolge ihrer Missachtung der Hungernden offenbar uneins, so dass es gelingen könnte, ihren national orientierten Flügel in Gespräche zu ziehen und die mit dem internationalen Terror verbundene Fraktion zu isolieren. Doch dazu müssten die Nachbarländer und die USA endlich jene militärischen Lösungsversuche beenden, die bisher die Unsicherheit in Somalia und in der Region stets vergrößert haben.
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