Brüssel klammert sich an die Zwei-Staaten-Lösung

Nahost
Die EU sollte nicht länger so tun, als sei eine Zwei-Staaten-Lösung in Israel und Palästina greifbar, sondern ihren Einfluss realistisch nutzen, fordert eine bemerkenswerte neue Studie der Crisis Group.

Die Politik der Europäischen Union in Nahost steckt dem Papier zufolge tief in einer Sackgasse. Sie folge seit langem der Leitlinie, Europa müsse die palästinensische Autonomiebehörde in der Westbank stärken – nicht zuletzt gegenüber der im Gazastreifen regierenden Hamas –, weil nur diese Behörde Stabilität in den Palästinensergebieten bringen, Israels Sicherheit garantieren und einen eigenen palästinensischen Staat näherbringen könne. Gleichzeitig scheue Brüssel jeden Versuch, Druck auf Israel auszuüben, obwohl aufeinanderfolgende Regierungen dort eine Zwei-Staaten-Lösung hintertrieben und mit der Zerstückelung der palästinensischen Gebiete deren Grundlage praktisch zerstört hätten.

Diese Politik, so die Crisis Group, ist spätestens 2021 gescheitert, als die Autonomiebehörde die Wahlen absagte und es dann im April-Mai zum Krieg zwischen der Hamas und Israel kam. Europäische Diplomaten geben laut Crisis Group zu, dass sie mit der Zwei-Staaten-Lösung eine Illusion hochhalten. Doch Europas Regierungen halten daran fest, weil sie vor den Folgen einer kritischeren Haltung gegenüber Israel zurückscheuen, ihre Einflussmöglichkeiten unterschätzen oder den Konflikt für eingehegt halten, so die Studie. Letzteres, betont sie, ist falsch, wie der jüngste Krieg zwischen Israel und dem Islamischen Dschihad in Gaza gezeigt habe. In Wahrheit helfe Brüssel nicht mehr beim Aufbau eines palästinensischen Staates, sondern versuche nur noch, eine sich ständig verschlechternde Lage zu managen. Das sende an Israel ebenso wie an die Autonomiebehörde das Signal, Brüssel lasse sie weitermachen wie bisher.

Stattdessen, so die Studie, sollte Europa erstens auf eine politische Erneuerung unter den Palästinensern drängen. Dazu müsse es die Autonomiebehörde unter Druck setzen, aber auch die Isolation der Hamas beenden: Man müsse Wege suchen, wie die Siegerin der letzten freien Wahlen von 2006 an einer Regierung der Palästinensergebiete beteiligt und die Blockade von Gaza gelockert werden kann. Zweitens solle Europa Druck auf Israel ausüben, unter anderem mittels der Handelspolitik, und auf den Schutz der palästinensischen Bevölkerung und ihrer Rechte drängen. So solle Brüssel Israel auffordern zu erklären, wie es sich eine Lösung für den Konflikt mit den Palästinensern denn vorstellt, wenn es offenbar die Zwei-Staaten-Lösung und damit eine Grundlage von Europas Nahostpolitik ablehnt.

Neuen Kommentar hinzufügen

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
CAPTCHA
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das Roller aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
Dies ist keine Paywall.
Aber Geld brauchen wir schon:
Unseren Journalismus, der vernachlässigte Themen und Sichtweisen aus dem globalen Süden aufgreift, gibt es nicht für lau. Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung – schon 3 Euro im Monat helfen!
Ja, ich unterstütze die Arbeit von welt-sichten mit einem freiwilligen Beitrag.
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!