Seit in Uganda im März 2020 der erste Fall von Covid-19 entdeckt wurde, hat das Land in 15 Monaten zwei Infektionswellen und zwei Lockdowns erlebt. Der erste im März 2020 dauerte vier Monate und der zweite, den Präsident Yoweri Museweni im Juni 2021 ankündigte, 42 Tage. Bis Ende September 2021 wurde der Lockdown teilweise wieder aufgehoben, zum Beispiel wurden Gotteshäuser wiedereröffnet. Aber wesentliche Teile der Wirtschaft wie Märkte, Bars, Unterhaltungs- und Freizeiteinrichtungen und wichtige Unternehmen wurden bis Ende September nicht vollständig geöffnet. Die Regierung hat erlaubt, die Universitäten ab November wieder zu öffnen, Grundschulen und weiterführende Schulen aber erst ab Januar 2022.
Viele aus der Stadt sind seit dem ersten Lockdown in die Dörfer zurückgekehrt. Not, Angst vor dem Verhungern und dass sie ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können, treiben die Ärmeren wieder in das ländliche Uganda, wo sie ihre Wurzeln haben. Viele sehen das jetzt als sicheren Zufluchtsort an, der Schutz vor Covid-19 bietet und wo die Lebenshaltungskosten niedriger sind.
Im Unterbezirk Koro im Norden Ugandas lässt es sich dank des angenehmen Klimas von August bis November gut leben. Die meisten Menschen sind auf dem Feld, um zu ernten, Unkraut zu jäten oder den Garten für die zweite Pflanzsaison vorzubereiten. Die Rückkehrer helfen bei der Gartenarbeit, der Ernte und dem Transport der Produkte zu den Lagern und Märkten. In der Stadt sind sie vorher die als Boda-Boda bekannten Motorradtaxen gefahren, sie haben Brot oder Chapati gebacken, einige waren Nachtwächter oder hatten zeitweise Jobs im Be- und Entladen von Fahrzeugen.
Der 85-jährige Galdino Oyat aus dem Dorf Pageya im Unterbezirk Koro sagt, dass einige der Jugendlichen, die vor kurzem zurückgekehrt sind, andere junge Menschen inspirieren. „Ich habe drei Jugendliche in meinem Dorf, die während des Lockdowns zurückgekehrt sind, und sie sind fleißig. Sie stehen früh auf und gehen mit ihren Familien pflügen. Später gehen sie zu einem nahe gelegenen Handelsplatz, um ihren Motorradtransport anzubieten“, sagt Galdino Oyat.
Das Leben auf dem Dorf ist besser
Die alleinerziehende Mutter Ayot Kevin ist 2020 kurz nach dem ersten Lockdown zurück in ihr Dorf Onang in Koro gezogen und nun Gemüsebäuerin. Sie sagt, in der Stadt habe sie von Getreidebrei gelebt. Jetzt isst sie Lebensmittel aus dem Garten, die fast nichts kosten. „Ich habe früher Trockenfisch auf dem Markt von Namwongo verkauft, einem Vorort von Kampala. Während des ersten Lockdowns wurde das Leben sehr hart, und sobald das Reiseverbot aufgehoben wurde, packte ich meine Sachen und zog zurück zu meiner Familie. Der Anfang war sehr schwer, denn ich besaß keinerlei Kapital, nur das Land meines Vaters. Ich begann Auberginen anzubauen und konnte innerhalb kurzer Zeit die Produktion und mein Einkommen steigern. Ich denke nicht daran, nach Kampala zurückzukehren, das Leben ist hier besser. In Kampala habe ich nur für die Miete und das Essen gearbeitet, hier kann ich sparen“, sagt sie. Markt und Krankenhaus sind erreichbar, weil ihr Acker nur sechs Kilometer von der Stadt Gulu entfernt ist. Dort habe sie inzwischen einen guten Markt entdeckt, wo sie ihr Gemüse verkaufen kann.
Vor dem Ausbruch von Covid-19 in Uganda neigten viele junge Männer und Frauen dazu, in die Stadt zu ziehen und Arbeit zu suchen. Dort bestreiten viele ihren Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs, bei denen sie nur tageweise und wenig verdienen. Das Leben in den Großstädten Ugandas sei sehr teuer, und ein Großteil der Menschen lebe von der Hand in den Mund, sagt Achan Judith Obita, eine Geschäftsfrau aus Gulu. In der Stadt sei es schwer zu sparen, Geld nach Hause zu schicken oder zu investieren. „Ein paar Glückliche werden reich, je nachdem, wer sie beschäftigt und welche Kontakte sie haben. Als Folge ist die Kluft zwischen Arm und Reich sehr tief“, erklärt Frau Obita.
Autorin
Gloria Laker Aciro Adiiki
ist ugandische Journalistin und auf Frieden, Entwicklung, Umwelt und humanitäre Themen konzentriert. Sie lebt in Kampala.John Asiimwe, ein 54-jähriger Vater von sechs Kindern, ist in den Westen Ugandas zurückgekehrt. Elf Jahre hatte er auf Owino, dem ältesten Markt von Kampala, mit gebrauchter Kleidung gehandelt. Westuganda leidet aber nicht nur wegen der strengen Lockdowns. Die Viehzüchter hier kämpfen auch mit mehreren Tierseuchen, weshalb die Regierung Tiermärkte und Tierbewegungen verboten hat.
Mehr denn je mit dem Dorf verbunden
Nachdem er in das Dorf Kaberere im Westen Ugandas zurückgezogen ist, überlegt John Asiimwe nun, in die Stadt zurückzukehren, aber er macht sich Sorgen um seine Familie. „Ich für meinen Teil ziehe es vor, mit meiner Familie im Dorf zu bleiben, und wenn die Schule beginnt, schicke ich die Kinder in ein Internat in der Stadt. Wir sind jetzt mehr denn je mit unserem Dorf verbunden“, sagt Asiimwe. Er hat langsam angefangen, Landwirtschaft zu betreiben. „Ich habe mein Einkommen verloren. Als Familie müssen wir jetzt dementsprechend planen. Denn Covid-19 ist immer noch da“, sagt er.
Im Distrikt Bushenyi lebt Josephine Agaba, eine Witwe; ihre beiden Söhne waren bis vor kurzem in der Stadt. „Die Jungen waren dorthin gezogen, um bessere Jobs zu bekommen. Doch obwohl sie jung sind, konnten sie keine guten Jobs finden. Der eine hat dann seine Arbeit wegen Covid-19 verloren und dem zweiten wurde das Gehalt gekürzt, da musste ich ihnen aus dem Erlös der Landwirtschaft Geld für Essen und die Miete schicken“, sagt Josephine Agaba. Also kehrten beide nach der Verkündung des zweiten Lockdowns zurück. Jetzt helfen die Söhne auf dem Hof, wo die Mutter Bananen anbaut. Sie hat auch Bienen, Ziegen und einige Kühe. „Die Rückkehr meiner Söhne ist eine große Unterstützung für mich als Mutter und hat mein Leben verbessert. Und meine Kinder sind hier in Sicherheit.“
Über vier Fünftel der Bevölkerung Ugandas lebt auf dem Land, zumeist in Großfamilien. Für die, die aus der Stadt zurückkehren, ist es schwierig, sich wieder im Dorf niederzulassen, vor allem wegen Wohnungsproblemen. Interessanterweise entwickeln sich Dörfer mit der Rückkehr der Stadtbewohner zu Geschäftszentren. Viele Zurückgekehrte produzieren Lebensmittel, oder sie transportieren oder handeln Agrarprodukte. Wachstumspole auf dem Land entwickeln sich zu Städten, Mietwohnungen werden dort gebaut und die Bevölkerung in den Dörfern wächst wieder.
Häusliche Gewalt während der Pandemie
Das führt aber auch dazu, dass auf dem Land früher geheiratet wird und die häusliche Gewalt zunimmt. Allein im Jahr 2020 registrierte die Federation of Women Lawyers (FIDA) in Uganda über 30.000 Fälle von häuslicher Gewalt während der Pandemie, im Gegensatz zu weniger als 5000 Fällen davor. Da sie mit der Bearbeitung der Fälle überfordert waren und Gerichtsverhandlungen wegen Covid-19 ausgesetzt wurden, baten sowohl die ugandische Polizei als auch die FIDA lokale Führungspersonen, einige der Fälle auf Dorfebene beizulegen.
Seit die Regierung manche Regeln zur Bekämpfung von Covid-19 wieder lockert, finden sich einige in die Dörfer Zurückgekehrte in einem Dilemma: Sollen sie in die Städte zurückgehen und sich den alten Problemen stellen oder in den Dörfern bleiben und mit ihrem neuen Leben zurechtkommen? Einige können auch ihre neue Lebensperspektive als unternehmerische Chance nutzen: Da sie Kontakte in den Städten haben, können sie dort ihre Produkte vermarkten, sonst aber auf dem Dorf leben und produzieren. Manche, die nie auf dem Land leben wollten, haben dort nun einen „Schatz“ entdeckt.
Aus dem Englischen von Sophie Stange.
Weitere Artikel über die Corona-Krise im globalen Süden finden Sie in unserem Webdossier.
Neuen Kommentar hinzufügen