Die DEG investiert in private Unternehmen in Entwicklungsländern, auch in den Agrarsektor. Zu den Empfängern gehört das Plantageunternehmen „Plantation et Huileres du Congo“ (PHC), das im Norden der Demokratischen Republik Kongo in einen Landkonflikt mit der lokalen Bevölkerung verwickelt ist. PHC ist eine Tochtergesellschaft des kanadischen Unternehmens Feronia und verfügt nach eigenen Angaben über rund 107.000 Hektar Land in den Provinzen Tshopo, Mongala und Équateur. Davon werden knapp 25.000 Hektar für den Anbau von Palmöl genutzt; der Rest wird nicht bewirtschaftet.
Ein Verbund von Entwicklungsfinanzieren hat PHC im Jahr 2015 einen Kredit über 49 Millionen US-Dollar für die Erneuerung der Ölpalm-Plantagen und die Umsetzung eines Umwelt- und Sozialplans gegeben; die DEG ist mit 16,5 Millionen US-Dollar beteiligt. In einem Schreiben an die DEG bezweifeln neun Gemeindevertreter die Rechtmäßigkeit der Pachtverträge zwischen PHC und der kongolesischen Regierung. Sie argumentieren, dass die belgische Kolonialverwaltung die Fläche 1911 an den Vorgänger des niederländisch-britischen Konzerns „Unilever“ vermacht habe. Seitdem habe die Regierung die Pachtverträge mehrmals verlängert, aber ohne die gesetzlich vorgeschriebene Rücksprache mit den Gemeinden.
Zur Lösung von solchen Konflikten hat die DEG im Jahr 2014 gemeinsam mit der niederländischen Entwicklungsbank „Netherlands Development Finance Company“ einen Beschwerdemechanismus eingerichtet. Daran können sich Personen wenden, die von DEG-finanzierten Projekten betroffen sind. Ein unabhängiges Gremium prüft die Beschwerden und entscheidet, ob sie zugelassen werden.
Kann das Verfahren Landkonflikte lösen?
Diesen Mechanismus nutzen die kongolesischen Gemeindevertreter. Sie werfen der deutschen Entwicklungsbank vor, den Kredit trotz Kenntnis ihrer Landansprüche vergeben zu haben. Außerdem habe die DEG gegen drei der von ihr unterzeichneten Standards der Weltbanktochter „International Finance Corporation“ für Investitionen im Privatsektor verstoßen. Anfang Januar hat das unabhängige Gremium der DEG die Beschwerde offiziell zugelassen.
Damit betritt die DEG Neuland: Erstmals fordern Betroffene, dass die Entwicklungsbank ein Schlichtungsverfahren einleitet. Das ist mehr als eine bloße Prüfung, ob sich die DEG bei der Vergabe eines Kredits an die eigenen Vorschriften gehalten hat (Compliance-Prüfung): Bei einem Schlichtungsverfahren soll ein Kompromiss gefunden werden, mit dem alle Parteien leben können.
Dass die Gemeindevertreter dies fordern, bedeutet für Jutta Kill, Mitarbeiterin der Organisation „World Rainforest Movement“ (WRM), die Bewährungsprobe für den DEG-Beschwerdemechanismus. Das WRM ist Teil einer internationalen Koalition von Organisationen, die die Gemeinden in dem Konflikt unterstützt. Eine Compliance-Prüfung sei in der Vergangenheit für Betroffene „sehr frustrierend“ gewesen, weil sich ihre Situation dadurch nicht verbessert habe, sagt Kill: „Wenn überhaupt hatte die Beschwerde Auswirkungen auf zukünftige Projekte.“ Das jetzt anlaufende Verfahren werde zeigen, ob mit Hilfe des Beschwerdemechanismus Landkonflikte gelöst werden können, die oft mit Investitionen in Agrarprojekte einhergingen. „Sollte dies nicht möglich sein, stellt dies auch die Finanzierung der DEG in solche Projekte in Frage.“
Die Gemeinden verlangen Zugeständnisse
„Dass Vertreter lokaler Gemeinden im Kontext von PHC diesen unabhängigen Mechanismus genutzt haben, um eine Beschwerde zu adressieren, begrüßen wir“, teilt eine DEG-Sprecherin schriftlich mit. Die Beschwerde sei jetzt in der Vorprüfungsphase; die Mitarbeiter des Gremiums arbeiten sich also in den Konflikt ein. Wie genau das Verfahren aussieht, wisse man noch nicht – und ebenso wenig, wann es losgeht. Zur Rechtmäßigkeit der Pachtverträge heißt es aus der DEG: „PHC ist auf Grundstücken tätig, die durch befristete Landtitel von der Regierung der DR Kongo gepachtet wurden.“ Dabei halte sich das Unternehmen an die Vorgaben für die Verlängerung der Titel.
Sollte PHC an seinem Anspruch auf das Land festhalten, ist ein Kompromiss mit der lokalen Bevölkerung nur schwer vorstellbar: „Die Gemeinden fordern unter anderem, dass die Waldflächen aus den Pachtverträgen gestrichen werden und ihnen die traditionelle Nutzung dort gewährt wird“, sagte Kill. Auch über die Nutzung des Lands für die Plantagen müsse verhandelt werden.
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