Seine endgültige Empfehlung will das beauftragte Umweltbundesamt (UBA) erst Anfang nächsten Jahres abgeben. Ein Zwischenbericht, der im September in Berlin vorgestellt wurde, lässt noch vieles offen. Das Gutachten soll Möglichkeiten aufzeigen, heißt es dort, wie Unternehmen freiwillig ihren umweltbezogenen und menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen können, „aber auch wie die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt rechtlich verbindlich eingefordert werden kann“.
Es wird also erst das „wie“ geklärt und dann das „ob“. Bedeutend ist aber das Signal, dass aus Sicht des Ministeriums die Umweltbelastungen einer wirtschaftlichen Tätigkeit prinzipiell genauso in den Verantwortungsbereich von Unternehmen fallen wie Menschenrechtsverstöße oder Löhne unter dem Existenzminimum. Cora, das zivilgesellschaftliche Netzwerk für Unternehmensverantwortung, begrüßt deshalb die Initiative als ermutigend.
Beim Aktionsplan wird getestet, ob Freiwilligkeit reicht
Das Umweltministerium gesellt sich somit zu anderen Ressorts wie dem Entwicklungsministerium oder dem Auswärtigen Amt, die der Idee gesetzlicher Pflichten für international tätige Firmen gegenüber aufgeschlossen sind. Im Kontext des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) will die Bundesregierung darüber Anfang 2020 entscheiden.
Für den NAP läuft gerade die Testphase der freiwilligen Umsetzung, in der Firmen Erklärungen und Berichte über interne Verfahren abgeben, mit denen sie Menschenrechtsverletzungen vorbeugen oder mildern können. Die Koalition will nach einer Auswertung dieser Phase entscheiden, ob ein Gesetz notwendig ist oder nicht. Die Regeln für dieses „Monitoring“ sind umstritten und wurden auf Betreiben der Christdemokraten und des Wirtschaftsministeriums abgeschwächt.
Justizstaatssekretärin Margaretha Sudhof erklärte in einem Beitrag zur Vorlage des UBA-Zwischenberichts, in der Bevölkerung steige die Erwartung, alle Geschäftsprozesse auf ökologische und menschenrechtliche Standards hin zu überprüfen. Ähnlich argumentiert der für nachhaltiges Wirtschaften zuständige Fachgebietsleiter beim UBA, Christoph Töpfer: Wenn Unternehmen im Sinne des NAP interne Verfahren zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht aufsetzten, dann könnten daran Standards zum Umweltmanagement anschließen. Doch müssten sie sehr konkret gefasst werden; womöglich könnten sie auch nur Hochrisikobranchen betreffen.
Im NAP geht es um direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Menschenrechte – etwa Verstöße gegen internationale Normen zum Arbeitsschutz in Fabriken oder menschenunwürdige Bedingungen für Plantagenarbeiter. Allerdings gibt es anders als für Menschenrechte und Arbeitsschutz kein umfassendes Umweltvölkerrecht, das einen Bezugsrahmen bietet wie Konventionen und UN-Leitlinien. Geregelt sind nur spezielle Fälle. So formuliert ein internationaler Verhaltenskodex der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft FAO Standards zum Schutz von Gesundheit und Umwelt beim Umgang mit Pestiziden. Und die Industrieländerorganisation OECD empfiehlt in Leitsätzen betriebliche Systeme für das Management von Umweltrisiken in Lieferketten für spezielle Branchen wie Landwirtschaft, Textil und Rohstoffe.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), betonte derweil auf einer Reise in Mexiko, Deutschland brauche zur Durchsetzung von Menschenrechten ein Gesetz, das zu finanziellen und anderen Konsequenzen führe, wenn sich Firmen nicht an die Vorgaben des NAP halten. Weltweit tätige Unternehmen müssten sich ihrer Verantwortung stellen. In Mexiko sei etwa relevant, ob indigene Gemeinden in Entscheidungen über Großprojekte einbezogen werden, die das von ihnen bewohnte Land und damit ihre Lebensgrundlage betreffen. Und natürlich ihre Umwelt.
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