Die EU und Deutschland unterstützen die Regierung in Addis Abeba bis 2018 mit insgesamt 3,8 Millionen Euro bei der Förderung großflächiger Landprojekte. Nach Meinung von Kritikern machen sie sich damit zum Komplizen eines autoritären Regimes, das Landrechtsaktivisten immer wieder einschüchtert. Solange eine kritische Zivilgesellschaft gewaltsam zum Schweigen gebracht werde und die betroffene Landbevölkerung kein Recht habe, ihre Ansichten frei zum Ausdruck zu bringen, seien verantwortbare Investitionen in großflächige Landwirtschaftsprojekte nicht möglich.
Nach Auskunft der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die das Projekt im Auftrag der EU und des Entwicklungsministeriums (BMZ) betreut, soll jedoch die äthiopische Regierung beraten werden, um genau das zu verhindern: Es gehe darum, Landinvestitionen für heimische und ausländische Investoren so zu gestalten, „dass die lokale Bevölkerung und damit die legitimen Nutzer geschützt werden und Rechtssicherheit erlangen“, heißt es aus der Pressestelle. Die Einhaltung der Menschenrechte sei bindend für das Projekt.
In einem prominenten Fall, auf den sich die Kritiker des Projekts berufen, sind zwei äthiopische Landaktivisten des Terrorismus beschuldigt. Sie wurden zusammen mit fünf weiteren im vergangenen Jahr verhaftet und daran gehindert, in Kenia an einem Workshop über Recht auf Nahrung teilzunehmen. Der Organisator, die Schweizer Organisation Brot für alle, wies in einer Erklärung die Vorwürfe gegen die Aktivisten als willkürlich und haltlos zurück. Kritiker der Regierungspolitik, Land an ausländische Investoren und nationale Eliten zu verteilen, sollten eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden.
In seiner Antwort auf eine Bundestagsanfrage der Fraktion der Linken betont BMZ-Staatssekretär Thomas Silberhorn, die Bundesregierung stehe gemeinsam mit anderen Gebervertretern in einem kritischen Dialog mit der äthiopischen Regierung zum Thema Menschenrechte und Vertreibung. Zum inhaltlichen Schwerpunkt des Projekts unterstrich er, es sei nicht das Ziel, „großflächige Landgeschäfte zu fördern“, sondern die Vergabepraxis und das Landmanagement der äthiopischen Regierung an internationalen Standards auszurichten. Es habe sich gezeigt, dass der Regierung dafür die Kapazitäten und das Knowhow fehlten; dies habe die Regierung, die inzwischen die Landvergabe bis auf weiteres gestoppt habe, auch selbstkritisch anerkannt. Die Bundesregierung werte es als Erfolg, dass Addis Abeba sich für eine Beratung durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit geöffnet habe.
Die GIZ räumt ein, dass die lokale Bevölkerung bei Großinvestitionen in der Vergangenheit kaum einbezogen wurde und auch keine Entschädigungen erhalten habe. Landspekulation und Raubbau, aber auch Fehlinvestitionen hätten zugenommen. Künftig gehe es darum, „vertraglich für alle Investoren verbindlich festzulegen“, dass die lokale Bevölkerung nicht enteignet und vertrieben werde, sie den Agrarinvestitionen zustimme und diese international anerkannten Leitlinien für verantwortungsvolles Landmanagement entsprechen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts sei, besonders die Rechte indigener und nomadisch lebender Gruppen zu sichern. „Dafür werden klare Zonen für die Landnutzung mit Grenzregelungen aufgestellt und rechtsbindend festgelegt“, teilt die GIZ mit. Außerdem sollen dezentrale und regierungsunabhängige Beschwerdestellen für die lokale Bevölkerung eingerichtet und die Zivilgesellschaft in Form lokaler Organisationen in das Projekt einbezogen werden.
Nach Angaben der äthiopischen Regierung wurden bisher in vier Bundesstaaten insgesamt mehr als vier Millionen Hektar Land für mehr als 5000 Investitionen vergeben; das entspricht etwa der doppelten Fläche Hessens. 21 Investoren seien aufgefordert worden, ihre Lizenz zur Landnutzung zurückzugeben, weil sie ihre Pflichten nicht erfüllt hätten.
Neuen Kommentar hinzufügen