Wissenschaftler des Leibniz-Institutes für Globale und Regionale Studien haben sich die Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen (CSOs) in Algerien, Mosambik und Vietnam näher angeschaut und dafür 80 Interviews mit CSO-Vertretern geführt. In Algerien gibt es ihren Angaben zufolge rund 100.000 Organisationen, in Vietnam 15.000 und in Mosambik rund 5.000. Alle drei Staaten zeichneten sich durch „unterschiedlich organisierte und verfestigte autoritäre Herrschaftsstrukturen“ aus, eine „grundlegende demokratische Umgestaltung der Gesellschaft“ habe noch nicht stattgefunden, schreiben sie in ihrer Studie.
Ihr Befund: In den drei Ländern seien CSOs beileibe keine „Schulen der Demokratie“, im Gegenteil. Die Staatsmacht beeinflusse ihre Willensbildung, steuere die Wahl von Aktivitäten und rede sogar beim Führungspersonal mit. In der Wirtschaftspolitik bänden die Regierungen Wirtschafts- und Unternehmerverbände ein und neutralisierten mögliche Proteste durch „begrenzte Mitwirkung“. Sie dürften zwar Reformvorschläge unterbreiten, die Entscheidungen träfen jedoch die Herrschenden alleine.
In der Gesundheitspolitik ist das Bild gemischter: In Algerien und Vietnam unterstützen CSOs die staatlichen Programme zur HIV-Aids-Bekämpfung und festigen damit die Macht des Staates. Organisationen in Mosambik gelinge es hingegen darum, die Selbstbestimmung der Kranken und ihrer Selbsthilfegruppen zu verbessern, heißt es in der Studie. Dank ihrer Professionalität könnten sie ihre Spielräume und ihre Unabhängigkeit vom Staat ausweiten. Nicht unwesentlich trägt dazu allerdings auch die Hilfe internationaler Geber bei. Sie fließt reichlich nach Mosambik, während die meisten algerischen CSOs keinen Zugang zu ausländischem Geld haben. In Vietnam kontrolliert und kanalisiert der Staat die internationalen Zuwendungen streng.
In Algerien überlassen es Frauenorganisationen dem Staat, den Diskurs über Frauenrechte und Genderfragen zu bestimmen. Sie betrachteten das autoritäre, aber weitgehende säkulare System im Vergleich zur islamistischen Opposition als das kleinere Übel und arbeiteten etwa bei der Reform des Familiengesetzbuches vielfach mit staatlichen Stellen zusammen, heißt es in der Studie. Im autoritären Einparteienstaat Vietnam hingegen formulierten einige Organisationen deutliche Kritik an der staatlichen Ablehnung der „Homo-Ehe“ und der Diskriminierung sexueller Minderheiten.
Augen auf bei der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in autoritären Regimen, rufen die Autoren den internationalen Gebern zu. Im Vorfeld müsse stets analysiert werden, wie weit sie – gewollt oder ungewollt – zur Verfestigung solcher Regime beitragen.
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