Burundi gilt als Beispiel für gelungenen Friedensaufbau: Das kleine afrikanische Land hat seit 2000 mit internationaler Hilfe einen blutigen Bürgerkrieg überwunden. Doch nun hat Staatspräsident Pierre Nkurunziza es in die Krise gestürzt: Obwohl die Verfassung festlegt, dass der Staatschef nur einmal wiedergewählt werden darf, kandidiert er für eine dritte Amtszeit.
Diese Entscheidung war in seiner eigenen Partei CNDD-FDD umstritten und hat Ende April eine Protestbewegung ausgelöst, besonders in der Hauptstadt Bujumbura. Gegen sie gehen die Polizei und Milizen aus dem Umkreis der CNDD-FDD brutal vor. Über 70 Menschen sind umgekommen und mehr als 140.000 in Nachbarländer geflohen. Unabhängige Radios wurden geschlossen, Menschenrechtler in den Untergrund gedrängt.
Ein Rückfall in die Konfliktlinien des Bürgerkriegs ist das bisher nicht. Damals standen Hutu-Rebellen, darunter die CNDD-FDD, der von der Minderheit der Tutsi dominierten Armee gegenüber. Vorschriften für die Teilung der Macht zwischen beiden Volksgruppen und Quoten für Ämter und Posten im Staat haben seitdem den Gegensatz entschärft. Die Armeeführung ist heute gemischt; die Entpolitisierung des Militärs gilt als wichtiger Erfolg des Friedensprozesses. Das Problem ist heute: Nkurunziza und seine Getreuen wollen kompromisslos ihre Macht ausbauen.
Haben die Geber über die Aushöhlung demokratischer Rechte hinweggesehen?
Dieser Trend ist nicht neu. Bereits 2007 wurde der Generalsekretär der CNDD-FDD kaltgestellt und ein Jahr später inhaftiert; 22 Parlamentarier der Partei protestierten – und wurden aus der Volksvertretung entfernt. Vor den Wahlen 2010 wurden Oppositionspolitiker bedroht und ermordet. Daraufhin boykottierten die meisten der schwach organisierten Oppositionsparteien die Wahlen und überließen der CNDD-FDD die Kontrolle über alle wichtigen Staatsorgane. Seitdem ist Burundi auf dem Weg zur „Wahl-Autokratie“: Die Regierung hält sich formal an Gesetz und Verfassung; Nkurunziza hat sogar seine Kandidatur dieses Jahr vom Verfassungsgericht billigen lassen, wozu das Gericht stark unter Druck gesetzt wurde. In der Praxis aber wird Opposition, ob von Hutu oder Tutsi, nur als eine Art Dekoration geduldet.
Das Ergebnis ist eine gefährliche Krise. Die Armee ist gespalten; das belegt ein gescheiterter Putschversuch vom Mai. Gleichzeitig üben Parteimilizen ohne staatliche Kontrolle Gewalt aus. Das kann auf Dauer das Misstrauen zwischen Hutu und Tutsi wieder schüren – bereits jetzt fliehen aus Burundi vor allem Tutsi. Und es kursieren Gerüchte, dass Kämpfer Schutz und Hilfe in Nachbarländern bekommen oder dort Rebellen unterstützen.
Diese Krise war absehbar – Burundi ist nun auch ein Beispiel für gescheiterte Prävention. Dabei deckt das Land rund die Hälfte seines Staatshaushaltes aus Entwicklungshilfe; die Geber können Druck ausüben, indem sie die kürzen. Doch zu lange haben sie ihre Hilfe trotz des autoritären Gebarens der Regierung fortgeführt. Sicher, der Wahlboykott der Opposition 2010 hat Einflussnahme von außen nicht leichter gemacht.
Die Nachbarn haben Verständnis für Nkurunziza
Aber Fachleute halten den Gebern in Europa und Amerika vor, sie hätten aus Sorge um die Stabilität in Burundi über die Aushöhlung demokratischer Rechte hinweggesehen. Generell drohen westliche Geber am ehesten mit Hilfskürzungen, wenn einer afrikanischen Regierung Korruption angelastet wird oder sie sich krass über die Grundsätze fairer Wahlen hinwegsetzt. Bei Missachtung der bürgerlichen Freiheitsrechte tun sie das sehr selten.
Autor
Und darauf dringen die Nachbarstaaten auch kaum. Sie fürchten zwar eine Destabilisierung der Region. Doch ihr Verhältnis zueinander ist gespannt. Und in den meisten dominiert die Regierungspartei und ist nur in Tansania zu geregelten Personalwechseln an der Spitze fähig. Die Staatschefs des Kongo und Ruandas streben selbst eine weitere Amtszeit an, die ihre Verfassungen noch verbieten. In Uganda hat Yoweri Museveni ganz legal schon fünf Wahlen gewonnen. Für Nkurunzizas Wunsch, die Macht zu behalten, haben sie alle Verständnis.
Neuen Kommentar hinzufügen