Politik-Ersatz aus Elmau

G7-Gipfeltreffen
Auf dem Gipfeltreffen in Bayern haben die sieben großen Industriestaaten viele gute Absichten bekundet – etwa zur Hungerbekämpfung, zur Frauenförderung und zum Schutz vor Seuchen wie Ebola. Doch den meisten ihrer wichtigsten Aufgaben sind sie ausgewichen.

Der Gipfel in Elmau ist vorbei und aus Entwicklungsorganisationen melden sich kritische Stimmen. Die Lobby-Organisation „One“ zum Beispiel beklagt, dass die G7 zwar die globale Seuchen-Vorbeugung stärken wollen, aber nicht die Gesundheitssysteme in armen Ländern. Zum Kampf gegen Steuerflucht und Steuervermeidung in Entwicklungsländern sei nichts Neues versprochen worden. Das begrüßenswerte Ziel, 500 Millionen Menschen von Hunger zu befreien, sei nicht mit Finanzzusagen verbunden, und für die Erhöhung der Entwicklungshilfe fehle weiter ein Zeitplan.

Das ist alles richtig. Doch ein solches Gipfeltreffen ist keine Geberkonferenz und sollte nicht mit allen möglichen berechtigten Zielen und Forderungen überfrachtet werden. Hilfe für fragile Staaten, Früherkennung von Seuchen oder Vermeidung tödlicher Arbeitsunfälle können in entsprechenden Fachkreisen und ‑gremien diskutiert werden, etwa beim Dialog der OECD mit fragilen Staaten. Die Staatschefs sollten ihre Gipfel besser für Grundfragen nutzen, bei denen nur sie etwas bewegen können – auch zum Nutzen armer Länder.

Die erste Aufgabe wäre, sich zu einigen, wo und wie die G7 Regeln für globale Probleme vorantreiben. Dazu gehören die Regulierung der Finanzmärkte und die Bekämpfung von Steuerflucht. In der Tat ist kritikwürdig, dass die G7 hier erneut nicht über schon Beschlossenes hinausgehen. Bei globalen Gemeingütern gab es in Elmau aber Fortschritte – so beim Klimaschutz mit dem Bekenntnis zum Umbau der Energiesysteme. Ob das umgesetzt wird, ist offen, aber das Signal ist erfreulich.

Befremdliche Aussagen zur arabischen Welt

Die zweite Aufgabe der G7 ist angesichts ihres globalen Führungsanspruchs, gemeinsame Strategien für die Bewältigung großer Krisen zu suchen. Hier liegt das eigentliche Versagen des Gipfels in Elmau: Er ist dem weitgehend ausgewichen. Die Passage zur Ukraine bekräftigt den Druck auf Russland, erklärt aber nicht, was genau Putin tun müsste, damit die Sanktionen aufgehoben werden.

Noch befremdlicher sind die Aussagen zur arabischen Welt. Die Suche nach einer Lösung für die Kriege in Syrien, Libyen und Jemen schieben die G7 den Vereinten Nationen zu. Den Libyern erklären sie zusätzlich: Wenn ihr euch erst einmal geeinigt habt, unterstützen wir euch gern. Kein Wort davon, dass es sich um regionale Kriege handelt, die von Nachbarstaaten geschürt werden – insbesondere von Saudi-Arabien und dem Iran –, und dass die G7 diese regionalen Mächte zu einer Verständigung drängen müssten. Stattdessen versprechen sie, den Kampf gegen den Islamischen Staat wie bisher fortzusetzen. Dann beklagen sie die beispiellosen Flüchtlingsströme und sehen sich verpflichtet, Schleuser zu bekämpfen – aber nicht, Flüchtlinge aufzunehmen oder zu schützen. Das ist schändlich.

Der Nutzen von Gipfeln bemisst sich nicht an Zusagen für Entwicklungshilfe oder Bekenntnissen zur Frauenförderung – so wichtig die sind –, sondern daran, ob wenigstens für einige brennende globale Probleme gemeinsame Lösungsansätze herauskommen. Die Abschlusserklärung von Elmau enthält dazu zu viel Politik-Ersatz. Für den Aufwand ist das zu wenig.

 

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