EU fördert Einfuhr von Sprit aus Teersand

Das EU-Parlament hat im Dezember eine Richtlinie der EU-Kommission zur Qualität von Treibstoffen gebilligt. Damit steht dem Import von Öl aus Teersand, vor allem aus Kanada, nichts mehr im Weg. Umweltschützer schlagen Alarm, denn diese Form der Ölgewinnung ist besonders umwelt- und klimaschädlich.

Die Richtlinie gibt Auskunft über die Klimaschädlichkeit verschiedener Treibstoffe. Zu diesem Zweck sollte eigentlich auch festgehalten werden, wie viel Treibhausgase bei der Produktion von Rohöl aus unterschiedlichen Quellen anfallen. Doch darauf hat die Kommission am Ende verzichtet, da sie sich mit den EU-Mitgliedstaaten nicht auf die Messmethoden einigen konnte. Im Entwurf, den die Kommission Ministerrat und Parlament vorlegte, wird die Herkunft des in Europa eingeführten Öls nicht mehr gesondert aufgelistet.

Alle damit befassten Ausschüsse des Parlaments lehnten die Vorlage zwar ab, aber im Plenum fehlten 12 Stimmen für die nötige Mehrheit dagegen. Einzelne Abgeordnete der größeren Fraktionen sprachen von einem Dilemma: Der Verzicht auf die Klassifizierung nach Treibhausgasausstoß bei der Ölgewinnung sei schlecht, aber ohne diese Qualitätsrichtlinie sei die EU noch schlechter dran. Nur die Grünen stimmten geschlossen dagegen.

Teersand-Öle dreckiger als gewöhnliches Rohöl

Vorgesehen war die Richtlinie schon seit 2011, denn im Rahmen der Klimapolitik der EU sollte der Ausstoß von Treibhausgasen aus Transport und Verkehr bis 2020 um sechs Prozent gegenüber 1990 vermindert werden. Berücksichtigt man auch die Produktionsbedingungen, dann haben Öl und Gas  aus Teersand oder Schiefergestein einen deutlich größeren ökologischen Fußabdruck als herkömmliches Rohöl und Erdgas, kanadisches Teersand-Öl zum Beispiel plus 23 Prozent nach Rechnung der Kommission.

Mit seinem Votum hat das Parlament den Weg frei gemacht für das „schmutzige“ Öl. Das freut die Branche, die dem Teersand-Öl eine große Zukunft voraussagt. Große Vorkommen gibt es im Nordwesten von Südamerika, im nördlichen und westlichen Afrika und im Regenwald des Kongobeckens; auf Madagaskar hat die französische Ölgesellschaft Total mit Probebohrungen begonnen. Der Abbau von Teersand, unvermeidlich im Tagebau, verwüstet enorme Flächen und vergiftet ganze Flussgebiete. Die Mondlandschaften der kanadischen Provinz Alberta bieten das Musterbeispiel zum Anschauen.

CETA und TTIP gehen vor

Die kanadische Öl-Lobby und die Regierung in Ottawa übten starken Druck auf Brüssel aus, auf die Etikettierung von Teersand-Öl zu verzichten. Die Umweltorganisation Friends of the Earth hat über hundert Treffen von kanadischen Lobbyisten mit Kommissionsbeamten belegt; die Kanadier hatten dafür eigens eine Einsatztruppe namens „Pan-European Oil Sands Team“ aufgestellt. Entscheidend war am Ende jedoch, dass Kanada und die USA warnten, eine Diskriminierung des kanadischen Öls verstoße gegen Handelsrecht und gefährde den Abschluss der geplanten Freihandelsverträge TTIP und CETA.

Kanada exportiert sein Öl nicht direkt, sondern verkauft es zunächst an Raffinerien in Texas. Dort wird es mit Rohöl aus anderen Quellen gemischt, verarbeitet und exportiert, nach Europa etwa als Diesel oder Kerosin. Würde die EU die Treibstoffe auch nach Herkunft klassifizieren, wären die Raffinerien in den USA verpflichtet, ihre Mischungen zu deklarieren.

Der bis November 2014 amtierende Kommissionspräsident José Manuel Barroso gab seinem Handelskommissar Karel De Gucht daraufhin grünes Licht, alle Hindernisse für die geplanten Handelsabkommen aus dem Weg zu räumen, entzog den bis dahin zuständigen Kommissionsmitgliedern Heedegard (Klima) und Öttinger (Energie) die Zuständigkeit für die Treibstoff-Richtlinie und übergab sie seiner Generalsekretärin Catherine Day. Im vorbereitenden Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten im EU-Ministerrat drängten Briten, Niederländer und Spanier ebenfalls darauf das Teersand-Etikett zu streichen mit der Begründung, die Freihandelsverträge seien vorrangig. Und so geschah es dann auch.

 

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erschienen in Ausgabe 2 / 2015: Wohnen: Alle ab ins Hochhaus?
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