Rheinland-Pfalz bleibt Ruandas Partner

picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow
Paul Kagame, der Präsident von Ruanda, trägt sich im Februar 2022 anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Partnerschaft zwischen Ruanda und Rheinland-Pfalz in der Staatskanzlei in Mainz in das Goldene Buch ein; neben ihm Malu Dreyer (SPD), die damalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Dreyers Nachfolger im Amt, Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD), hat eine für Mai geplante Reise nach Ruanda abgesagt. Grund dafür ist die internationale Kritik an Ruandas Rolle im Krieg in der DR Kongo.
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Ruanda wird für seine Rolle im Krieg im Ostkongo international kritisiert. Was bedeutet das für die mehr als 40 Jahre alte enge Beziehung von Rheinland-Pfalz zu dem ostafrikanischen Land?

Die Bundesregierung und die Europäische Union werfen Ruanda vor, mitverantwortlich für die eskalierende Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu sein. Von Ruanda unterstützte M23-Rebellen hatten Anfang des Jahres die Provinzhauptstädte Goma (Nord-Kivu) und Bukavu (Süd-Kivu) erobert. Mithilfe der Miliz wolle Ruanda die Vorkommen an Kobalt und Coltan in Nord-Kivu kontrollieren, lautet die Kritik. Nach Angaben von UN-Experten wird die Rebellengruppe fast vollständig von der ruandischen Regierung von Paul Kagame kontrolliert; die Regierung bestreitet das. Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) hat das Vorgehen Ruandas verurteilt und angekündigt, die Zusammenarbeit mit dem ostafrikanischen Land einzuschränken. Friedensbemühungen der Nachbarstaaten konnten den Konflikt bisher nicht entschärfen. 

Kein Bundesland hat so enge Beziehungen zu einer Partnerregion in Afrika wie Rheinland-Pfalz zu Ruanda. Beide sind seit 1982 miteinander verbunden, 2022 wurde das 40-jährige Bestehen von mittlerweile mehr als 180 Schulpartnerschaften, 40 Städteverbindungen, 12 Partnerschaften von Kirchengemeinden oder Diözesen sowie 50 Verbindungen von Vereinen und Institutionen gefeiert. Insgesamt wurden aus Rheinland-Pfalz bisher rund 75 Millionen Euro in über 2200 Projekte investiert. So hat zum Beispiel die Stadt Boppard eine Partnerschaft mit Nyabitekeri, einer Stadt mit rund 40.000 Einwohnern, gelegen am Kivu-See an der Grenze zum Kongo. Boppard unterstützt in der Partnerkommune alleinerziehende Mütter mit einem Projekt, das ihnen eine Ausbildung ermöglichen soll. 

Aufgrund des Konflikts sei die Grenze zwischen beiden Ländern geschlossen, was vor allem ruandische Bauern treffe, die ihre Waren nicht mehr im Nachbarland verkaufen können, sagt Norbert Neuser, Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Ruanda-Rheinland-Pfalz. „Wir machen weiter, weil wir Graswurzelbeziehungen pflegen“, sagt Neuser. Man setze wie bisher auf Armutsbekämpfung vor allem im ländlichen Raum mit den Schwerpunkten Gesundheit und Bildung. Das Netzwerk der Partnerschaft sei „auf die Zivilgesellschaft ausgerichtet und werde größtenteils mit privaten Spendengeldern aus Rheinland-Pfalz unterstützt“, betont Leyla Engeln, Geschäftsführerin des Partnerschaftsvereins. Daher werde man trotz der Kritik an Ruandas Regierung Projekte und Kooperationen weiterführen, das sei „Konsens im Partnerschaftsverein“.

Der Ministerpräsident hat seine geplante Reise abgesagt

Die Landesregierung hat die für Mai geplante Reise von Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) nach Ruanda jedoch abgesagt. Neuser hält die Absage für richtig. Das sei ein „wichtiges Signal“ an die Führung in Ruanda. Schweitzer ist seit Juli 2024 Ministerpräsident des Bundeslandes; es wäre seine erste Reise in das Partnerland gewesen, daher hätte sie besondere Aufmerksamkeit erhalten. Normalerweise besucht alle zwei Jahre eine Delegation aus dem Bundesland die Partner in Ruanda. In einer gemeinsamen Erklärung appellieren Schweitzer und Neuser an die ruandische Regierung sowie alle Konfliktparteien, „die Waffen niederzulegen, die Zivilbevölkerung zu schützen und Friedensgespräche aufzunehmen“. Sollte Ruanda Rebellengruppen im Kongo unterstützen, so verurteile man dies „aufs Schärfste“. 

Nicht alle im Bundesland finden die Absage der Reise richtig. In Ruanda habe das für Irritationen gesorgt, sagt Volker Wilhemi, der soeben von einer Studienreise im Auftrag des Bildungswerks Ingelheim aus dem ostafrikanischen Land zurückgekehrt ist. „Es wäre besser, das Gespräch mit der Führung zu suchen.“ Wilhelmi ist Professor für Geografie an der Universität Mainz und kennt Ruanda sehr gut. „Ursachen und Begründungen für den Konflikt sind komplexer als angenommen“, sagt er. „Ruandas Perspektive wird bei uns zu wenig wahrgenommen.“ 

Ruanda sehe die Anwesenheit von FDLR-Milizen, die für den Völkermord 1994 verantwortlich waren, im faktisch unregierten Ostkongo als existentielle Bedrohung. Gleichzeitig sei man eng verbunden mit der Minderheit der Tutsi in der Region. Die Bedeutung der Mineralien für den Konflikt werde dagegen überschätzt, so Wilhelmi. 

Lieber informieren statt sanktionieren

Ähnlich äußert sich Francis Shema von der Ruandischen Hochschulgruppe an der Technischen Universität Kaiserslautern. Statt Sanktionen gegen Ruanda zu verhängen, solle Rheinland-Pfalz „die laufenden afrikanischen diplomatischen Bemühungen unterstützen, die auf eine Lösung hinarbeiten“. Das Bundesland solle in der deutschen Öffentlichkeit über die Komplexität des Konflikts informieren, dessen Wurzeln bis in die Kolonialzeit reichten.

Die Landesregierung hat sich mit Kritik am Partnerland in der Vergangenheit stets zurückgehalten. Sie äußert sich nicht zur Einschränkung der Meinungsfreiheit und zur Überwachung Oppositioneller[8] . Öffentliche Diskussionen zum Krieg im Ostkongo oder Kritik am Vorgehen der M23 sind in Ruanda nicht möglich. Die Regierung werde autoritärer, sagt Norbert Neuser vom Partnerschaftsverein. Ein „Klima der Kontrolle“ sei spürbar.

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