Wenig Hoffnung für die Diplomatie in Syrien


Die führenden Friedensforscher Deutschlands stellen der Europäischen Union (EU) ein Armutszeugnis für ihren Umgang mit Konflikten aus – auf dem eigenen Kontinent sowie in Afrika und Syrien. Besonders scharf kritisieren sie im diesjährigen Friedensgutachten die europäische Flüchtlingspolitik.

Das Friedensgutachten wird jährlich von fünf Friedensforschungsinstituten herausgegeben und enthält gemeinsam ausgearbeitete Positionen zur deutschen und internationalen Sicherheitspolitik. So fordert Ines-Jacqueline Werkner von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) mit Blick auf die Ukraine-Krise, entweder müsse eine „wiederbelebte“ Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) das zerrüttete Verhältnis der EU zu Russland kitten helfen, oder man besinne sich auf unvollendete Pläne für eine gesamteuropäische Sicherheitspolitik, die Moskau einbinde. „Russland gehört dazu“, betonte Werkner.

Vorrangig sollte jedoch eine Kontaktgruppe zur Stabilisierung der Lage gebildet werden, der neben den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und der Ukraine auch Polen und Deutschland angehören. In der gegenwärtigen Situation müsse man auf Dialog, Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle setzen, heißt es in dem Gutachten. „Die EU muss alles tun, um eine Vertiefung der Grenzen in Europa bis hin zu einer neuen Blockbildung zu verhindern.“

Brasilien und Südafrika könnten Einfluss auf Moskau nehmen

Die Hoffnungen auf eine diplomatische Lösung für den Krieg in Syrien sind äußerst gedämpft. Nach Einschätzung von Bruno Schoch von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) ist mit den Chemiewaffen zwar ein Gefahrenherd beseitigt worden, zugleich sei aber das Regime von Baschar al-Assad gefestigt worden. Derzeit könne der Westen höchstens an humanitäre Luftbrücken für die notleidende Bevölkerung denken. Margret Johannsen vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) plädierte hingegen dafür, dass Deutschland auf den Iran einwirkt, der über die Hisbollah an dem Konflikt beteiligt sei. Auch Partnerländer wie Südafrika und Brasilien könnten gebeten werden, in Moskau Einfluss zu nehmen.

Um die Folgen des Krieges zu lindern, fordern die Gutachter vor allem größere Offenheit für Flüchtlinge. Deutschland solle 200.000 von ihnen aufnehmen, etwa zehn Prozent der Syrien-Flüchtlinge derzeit. „Die Zahl ist gerechtfertigt und realistisch in Bezug auf die Größe und außenpolitische Stellung, die Deutschland einnehmen will“, sagte Janet Kursawe vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF). Es müssten auch Flüchtlinge aufgenommen werden, die in den umliegenden Staaten Zuflucht gefunden hätten – etwa aus Ägypten, wo sie zunehmend als Verbündete der Muslimbrüder angefeindet würden. Man müsse verhindern, dass sich der Schwelbrand zum Flächenbrand ausweite.

In Afrika handelt die europäische wie die deutsche Außenpolitik nach Meinung der Gutachter zu unüberlegt. Zwar versuche sie, künftigen Militärinterventionen auszuweichen, indem sie afrikanische Militärs und Polizisten „ertüchtigen wolle“. Der EU fehle jedoch eine Strategie, etwa für die Einsätze in Mali oder der Zentralafrikanischen Republik. Als problematisch bewertete Johannsen die Rolle Frankreichs. Wer vor allem Rohstoffe und Schmuggelrouten kontrollieren wolle, suche nicht zwangsläufig nach einer politischen Lösung.

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erschienen in Ausgabe 7 / 2014: Lobbyarbeit: Für den Nächsten und sich selbst
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