(06.02.2014) Das Interesse an ethischen Geldanlagen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen: Rund sieben Billionen Euro werden in Europa jährlich nicht nur nach wirtschaftlichen, sondern auch nach ethischen und ökologischen Kriterien investiert. Ob Firmen damit bewegt werden können, nachhaltiger zu wirtschaften, ist umstritten. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie nähren die Zweifel.
Für die Studie hat das Südwind-Institut den sogenannten „Best in Class“-Ansatz unter die Lupe genommen. Der ermöglicht es Anlegern, ihr Geld in Unternehmen zu investieren, die in ökologischen und sozialen Belangen besser dastehen als ihre Konkurrenten. Verschiedene Nachhaltigkeitsrankings bilden ab, wer in der Rohstoffbranche oder im Bekleidungsgeschäft der „Klassenbeste“ ist. Das soll einen Wettbewerb anstoßen und die Firmen zu nachhaltigerem Wirtschaften bewegen.
Doch solche Rankings haben laut Studie nicht den erhofften Effekt. Zwar hätten sie den Finanzmarkt für nachhaltige Fragen sensibilisiert, viele gelistete Unternehmen messen ihrer Position aber keine große Bedeutung zu, heißt es darin. Entsprechend ernüchternd ist die Wirkung auf die Geschäftspraktiken: Lediglich zwei der 22 in der Studie befragten Firmen gaben an, aufgrund der Ratings etwas geändert zu haben.
Anleger alleine können wenig ausrichten
Investoren seien nur eine Anspruchsgruppe unter vielen, interpretiert die Autorin der Studie, Antje Schneeweiß, das Ergebnis. Eher reagierten Firmen auf Medienberichte oder die Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Für die befragten Rohstoffunternehmen etwa sind die von Minenprojekten betroffenen Gemeinschaften der größte Einflussfaktor. Nötig sei deshalb mehr Kooperation zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen. Kritische Aktionäre können die Anliegen an die Unternehmen herantragen und unbequeme Fragen stellen.
Kritik gibt es auch an der Arbeitsweise der Nachhaltigkeitsagenturen. Oft sei schwer nachvollziehbar, wie die Rangfolgen zustande kommen, sagt Schneeweiß. Barbara Happe von der Menschenrechtsorganisation Urgewald wirft den Agenturen vor, sich bei ihrer Beurteilung zu sehr auf die Auskünfte der Unternehmen selbst zu verlassen. Die Bedingungen vor Ort und in den Zuliefererfirmen würden vernachlässigt. „Ratingagenturen machen keinen Praxistest.“
Es muss weh tun, damit sich etwas bewegt
Regelmäßige Checks vor Ort seien nicht praktikabel, entgegnet Daniel Wild von der Schweizer Vermögensverwaltung Robecosam, die den weltweit anerkannten Dow Jones Sustainability Index publiziert. Es sei unmöglich, die Bedingungen in den rund 90000 Zulieferern von Siemens selbst vor Ort zu überprüfen. Man sei deshalb auf eine umfassende Medienanalyse, Berichte von NGOs und die Angaben der Unternehmen angewiesen. Hilfreich wäre jedoch eine gesetzliche Berichtspflicht für ökologische und soziale Aspekte.
Den großen Nutzen der Ratings sieht Wild darin, den Firmen einen Spiegel vorzuhalten. Damit sie sich auch auf das unternehmerische Handeln auswirken, müsste das nachhaltige Investitionsvolumen aber noch weiter zunehmen. Solange ein gutes Abschneiden bei den Ratings keine finanziellen Vorteile und eine schlechte Bewertung keine Nachteile bringe, verpuffe der Effekt, sagt Wild. Die 300 Milliarden Euro, die derzeit jährlich an die Klassenbesten fließen, reichen dafür nicht aus. (sdr)
Welches Ziel?
Aus der Sicht des ethisch orientierten Anlegers gibt es drei Töpfe. Am wenigsten erwartet der Spender. Bei einer Spende erwartet man mindestens eine effektive Mittelverwendung gemäß den veröffentlichten Vorgaben. Eigene Kontrollmöglichkeiten hat der Spender kaum. Will man Kontrolle, können die Kosten größer sein als die Spende. Eine von mir nachverfolgte Spende an ein SOS Kinderdorf auf den Cap Verden endete mit schmerzlicher Erkenntnis. Den jährlichen Erfolgsberichten mit Bildern von hunderten Kindern standen vor Ort gerade vier Kinder mit Hausmutter gegenüber. Eine Erklärung für den Kindermangel erfolgte nicht. Zu sehen waren wohlgenährte Leiter und ein teurer Pickup. Der zweite Topf empfängt zinslose Darlehen, die dem laufenden Betrieb dienen oder Investitionen ermöglichen. Der Geber erwartet den Rückfluss seines Darlehens, Erträge bleiben in der Einrichtung. Der dritte Topf verspricht mehr als die anderen und ist mit Bedacht zu bedienen. Hier werden Erträge versprochen, deren Herkunft nicht wirklich nachvollziehbar sind. Ein gewöhnlicher Betrieb mag Erträge ermöglichen, diese müssen aber bescheidener ausfallen, wenn alle ethischen und moralischen Regeln eingehalten werden. Ist denn die Ausschüttung von Erträgen an die Anleger überhaupt zu rechtfertigen? Wären die Gewinne noch da, wenn die Einkommen der Beschäftigten höher wären? Wären Gewinne möglich, wenn in allen Ebenen ressourcenschonend und nachhaltig gearbeitet wird? Kann der Geldgeber das überprüfen? Ist er nicht prinzipiell der Dumme, wenn er in Zeiten von Gewinnmaximierung nicht nachprüfbaren Versprechen folgt. Sind nicht gefälschte Herkunftsbezeichnungen bei Lebensmitteln, Bekleidung und uneinlösbare "Genussscheine" von Anbietern nachhaltiger Technik Warnung genug? Werden nicht die edlen Spender und Anleger am Nasenring "Gassi" geführt, wenn sie Gummibäume in Costa Rica kaufen, während die Eliten des Kapitalismus (siehe weltsichten-- "Grenzenlos vermögend") sorglos ihre Schäfchen zählen? Beim sog. "Nachhaltigen Investment" muss man sich die Mühe machen, genau hinzusehen. Bleiben Zweifel, so sind Spenden an kirchliche Einrichtungen noch immer der überzeugende Weg. Der Limburger Bischof dürfte eine seltene Ausnahme bleiben.
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