An Synodenbeschlüssen und Absichtsbekundungen herrscht kein Mangel. Bereits 2002 hatte die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) alle Gemeinden sowie sämtliche evangelischen und diakonischen Einrichtungen aufgefordert, fair gehandelte Produkte einzukaufen. Diese Aufforderung hat sie 2006, 2009 und 2010 wiederholt. Doch die Beschlüsse sind offenbar das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, zeigt eine Studie von „Brot für die Welt“ und dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) von Anfang November. Kaum zehn Prozent der in Kirchen und diakonischen Einrichtungen verwendeten Produkte sind ökologisch produziert und fair gehandelt.
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„Der Ruf der Kirchen nach einer gerechten Wirtschaftsweise und einem nachhaltigen Lebensstil richtet sich nicht nur an andere, sondern zunächst an sie selbst“, sagt Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Direktorin von „Brot für die Welt“. „Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit und des klugen Einsatzes der eigenen Marktmacht.“ Kirchliche Einrichtungen wie evangelische Krankenhäuser, Akademien, Tagungsstätten oder Kindergärten blieben in ihrem Einkaufsverhalten weit hinter dem zurück, was sozial und ökologisch für eine zukunftsfähige Kirche und eine gerechte Weltwirtschaft notwendig wäre, lautet das Fazit der Studie „Ökofaire Beschaffungspraxis in Kirche und Diakonie“.
Abwägung zwischen Ethik und wirtschaftlichen Zwängen
Fast 766 Millionen Euro geben beispielsweise die stationären Einrichtungen der Diakonie pro Jahr für Lebensmittel aus. Der Anteil an biologisch angebauten oder fair gehandelten Produkten ist trotz vermehrter Anstrengung verschwindend gering. Für mehr als zwei Drittel der Einrichtungen wird er auf unter zehn Prozent geschätzt. „Noch immer findet in den Kirchen eine Abwägung zwischen ethischem Anspruch und wirtschaftlichen Zwängen statt“, sagt Füllkrug-Weitzel. Auch Tilman Henke vom EED-Vorstand sieht Handlungsbedarf: „Landeskirchen und diakonische Einrichtungen sollten sich bei ihrer Umstellung auf ökofaire Beschaffung noch besser beraten und unterstützen lassen.“
Zum Beispiel von der Aktion „Fairer Kaffee in die Kirchen“, die von beiden Entwicklungswerken getragen wird. Sie hilft auch praxisnah bei der Umstellung. „Viele Einrichtungen beklagen, dass es an klar gegliederten Informationen und Beratungen fehle“, sagt Margarita Sigle, die das Projekt koordiniert. Auch empfänden die Verantwortlichen das Angebot ökofairer Produkte als unübersichtlich. Oft mangele es an Personal und Geld, um Veränderungen anzustoßen. So gebe es zu wenig Schulungen für die Mitarbeitenden, die den Einkauf verantworten. Nur wenige Betriebe hätten Beschaffungsordnungen und Rahmenverträge, die eine Umstellung auf ökofaire Produkte ermöglichen. „Es fehlt sowohl an Struktur als auch an der Bereitschaft, gewohnte Bahnen zu verlassen und etwas Neues auszuprobieren“, sagt Sigle.
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