Rückzug der USA, Druck auf die Staatshaushalte, geoökonomischer Wettbewerb, Klimakrise und Artensterben, Kriege, Erosion der Demokratie – die Entwicklungspolitik steht von vielen Seiten unter Druck, stellt Jann Lay aus dem Giga-Institut Hamburg in dem neuen Papier fest. Deshalb die Entwicklungspolitik zu schrumpfen, wäre aber falsch, sagt er: Sie sei ein „unterschätztes Element“, Krisen zu bewältigen. Allerdings müsse sie dazu neu ausgerichtet werden.
Entwicklungspolitik sieht er als Mittel der „weichen Macht“ Deutschlands – aber nicht nur. Nicht jeder von altruistischen und humanitären Anliegen geleitete Einsatz, zum Beispiel für die Gesundheitsversorgung in Malawi, diene zugleich deutschen Interessen. Aber auch altruistische Vorhaben sollten bleiben; Zielkonflikte zwischen Werten und Interessen sollten offengelegt und politisch „aufgelöst“ werden.
Als Querschnittsaufgabe behandeln
Hierzu empfiehlt Lay, in der Regierung Entwicklungspolitik zur Querschnittsaufgabe zu machen und viel besser zu koordinieren; dass hier zahlreiche verschiedene Ministerien mitmischen, bringe unsinnige Doppelungen. Ideal wäre für Lay, das BMZ zum schlagkräftigen Querschnittsministerium zu machen. Eine Eingliederung ins Auswärtige Amt hält er für denkbar, aber riskant – und sie löse nicht das Koordinationsproblem etwa mit dem Wirtschafts-, Finanz-, Umwelt- und Innenministerium.
Lay rät außerdem, das BMZ solle nicht wie bisher Schwerpunkte seiner Arbeit wählen und dann mit Partnerländern besprechen, sondern umgekehrt von Wünschen der Partnerländer ausgehen. Deutschland solle zudem seine Entwicklungspolitik viel stärker in Europa abstimmen und die Wirkungsmessung verbessern. Dabei sollten nicht nur die Wirkungen von Projekten evaluiert werden, sondern auch die von Regulierungen mit Folgen für Drittländer – zum Beispiel des Lieferkettengesetzes – und die Ergebnisse dann auch politisch beherzigt werden.
Neuen Kommentar hinzufügen