Am 8. Dezember 2024 wurde das Assad-Regime in Syrien gestürzt. Wie viele Diktatoren hatte auch der Assad-Clan Teile seines Vermögens auf Schweizer Konten geparkt. Mindestens 99 Millionen Franken aus dem Umfeld Assads sollen sich laut der NZZ auf Schweizer Konten befinden.
Seit Ausbruch der Massendemonstrationen in Syrien 2011 sind die Gelder gesperrt. Damals hat der Bundesrat die EU-Sanktionen gegen das Regime übernommen und die Vermögenswerte der Assad-Entourage in der Schweiz eingefroren. Das war ungewöhnlich: In Ägypten, Tunesien und Libyen etwa, wo ebenfalls Machthaber nach Massenprotesten stürzten, sperrte der Bundesrat ebenfalls deren Gelder – stützte sich hier allerdings auf Notrecht, statt wie auf dem üblichen Weg auf ein Rechtshilfegesuch der Herkunftsstaaten zu warten.
Nun stellt sich die Frage nach einer möglichen Rückgabe der Assad-Millionen an den syrischen Staat. Einfach wird das nicht. Grundsätzlich gibt es drei Wege für eine Sperrung und später eine Rückgabe von illegitimen Geldern. Der erste führt über ein Rechtshilfegesuch des Herkunftsstaates an die Schweiz. „Würde Syrien ein Rechtshilfegesuch stellen, müsste die Schweiz das sicher prüfen“, sagt Balz Bruppacher, Journalist und Autor des Buches „Die Schatzkammer der Diktatoren“.
Ob das bald geschehen wird, ist jedoch unsicher; die Übergangsregierung, angeführt von der islamistischen Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), hat ein Land übernommen, das wirtschaftlich am Boden und international isoliert ist. Die Rückforderung der Assad-Gelder dürfte nicht ihre erste Priorität sein.
Der zweite Weg führt über ein Strafverfahren in der Schweiz. So hat im Fall des früheren libanesischen Zentralbankchefs Riad Salamé die Bundesanwaltschaft eigenständig Ermittlungen wegen Verdacht auf Geldwäscherei in die Wege geleitet.
Der dritte Weg wurde 2016 mit einem neuen Gesetz geschaffen. Dieses soll die Grundlage bieten, um Gelder auch dann sperren zu können, wenn der Herkunftsstaat kein Rechtshilfegesuch stellt – etwa, weil der Staat nach dem Sturz eines Regimes nur noch beschränkt funktionsfähig ist. Das Gesetz verfolgt dabei zwei Ziele: Die Lebensbedingungen der Bevölkerung im Herkunftsstaat zu verbessern – oder die Rechtstaatlichkeit im Herkunftsstaat zu stärken und damit zur Vermeidung von Straflosigkeit beizutragen.
Werden Sanktionen nicht gelockert, ist an Rückgabe kaum zu denken
Dass die Schweiz im Falle Syriens zum jetzigen Zeitpunkt von sich aus tätig wird, ist unwahrscheinlich. „Die Schweiz wird sich auf den Standpunkt stellen, dass die Gelder aufgrund von EU-Sanktionen gesperrt sind“, sagt Bruppacher. „Solange diese nicht gelockert werden, wird man nicht über eine Rückgabe nachdenken können.“ Offenbar plant die EU, die Sanktionen schrittweise zu lockern, wie die Nachrichtenagentur Reuters im Januar berichtete.
„Das Gesetz weckte große Hoffnungen der Behörden, dass damit gestohlene Gelder zurückgegeben werden können“, so Bruppacher. „Doch das Gesetz ist nie erfolgreich zur Anwendung gekommen.“ Das liegt zum einen daran, dass das es sehr restriktiv formuliert ist und der Prozess bis zu einer Rückgabe komplex ist.
Amnestie für Assad-Familie ist undenkbar
Auch in manchen Fällen, in denen ein Rechtshilfegesuch vorlag, kam es nicht zu einer Rückgabe – so im Fall Ägypten mit Bezug auf Gelder aus dem Umfeld des 2011 gestürzten Machthabers Hosni Mubarak. Zum einen konnte in Ägypten die illegale Herkunft der Gelder nicht bewiesen werden – eine Grundvoraussetzung für eine Rückgabe. Das hatte auch damit zu tun, dass das neue, seit 2014 herrschende Regime unter Abdel Fatah al-Sisi den gleichen Machtapparat wieder an die Macht gebracht hat wie unter Mubarak. Außergerichtliche Vergleiche in Ägypten mit Mitgliedern des Mubarak-Clans kamen einer Amnestie gleich.
In Syrien ist die politische Situation zwar anders, eine Amnestie für die Assad-Familie ist unter den neuen Machthabern undenkbar. Doch die Hürden bleiben hoch, selbst wenn die neuen Machthaber in Syrien ein Rechtshilfegesuch an die Schweiz stellen würde: „Ob die Schweiz mit den syrischen Behörden kooperieren kann, muss im Einzelfall geprüft werden“, teilt das Wirtschaftsministerium SECO auf Anfrage mit. „Die Rechtshilfe setzt unter anderem voraus, dass das ausländische Verfahren grundlegenden rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Standards genügt. Ob die aktuellen Machthaber an sich als Rechtshilfepartner in Frage kämen, kann ebenso wenig abstrakt beurteilt werden.“
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