Der erste Gipfel hat immerhin etwas erreicht: Die UN-Konferenz zur Biodiversität in Kolumbien hat die Rechte von Indigenen gestärkt, Maßstäbe für den Meeresschutz präzisiert und beteuert, dass man Klima- und Artenschutz zusammen angehen muss; umstritten blieb aber, wie Artenschutz international finanziert werden soll. Es folgte der UN-Klimagipfel in Aserbaidschan, auf dem besonders hart um Geld gerungen wurde. Für die Klimahilfen an arme Länder hat er am Ende mit Hängen und Würgen einen viel zu niedrigen und wenig verbindlichen Zielwert zustande gebracht. Und die knapp 200 Staaten konnten sich nicht auf mehr Ehrgeiz bei der Verringerung des Treibhausgas-Ausstoßes einigen und nicht einmal bestätigen, was sie ein Jahr zuvor beschlossen hatten: das Ziel, aus fossilen Energien mittelfristig auszusteigen.
Dann verhandelten sie in Südkorea Ende November über einen bindenden Vertrag zur Bekämpfung der Verschmutzung mit Plastik. Das hätte eines der bedeutendsten globalen Umweltschutzabkommen seit langem werden können, vergleichbar dem Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht. Doch in Busan kam keine Einigung zustande. Auch hier wurde um Geld gestritten, im Zentrum standen aber die zwei Grundsatzfragen: Sollen Staaten sich Ziele setzen müssen, die Menge des produzierten Plastiks zu verringern? Und soll man vereinbaren, die Herstellung von besonders umweltschädlichen und entbehrlichen Plastikarten und Zusatzstoffen nach und nach zu beenden?
Beides befürwortet eine Mehrheit der Länder. Doch Ölstaaten unter Führung Russlands und Saudi-Arabiens sowie die Lobby der Ölkonzerne und großer Chemie- und Plastikproduzenten haben solche Beschlüsse verhindert. Sie wollen die Flut an Plastikmüll mit Recycling eindämmen, obwohl nur ein kleiner Teil recycelt werden kann und die Plastikproduktion – der Rohstoff dafür ist Erdöl – weiter stark wachsen soll. Ein Abkommen ohne Obergrenze für die künftige Plastikerzeugung und ohne Abschied von besonders schädlichen Stoffen wäre schlicht wertlos.
Großmächte müssen - trotz Konflikten - bei globalen Problemen zusammenarbeiten
So ist nach den drei Gipfeln das Ringen um die Einhaltung der planetaren Grenzen an einem Tiefpunkt. Ein wesentlicher Grund dafür sind verschärfte geopolitische Machtkonflikte, insbesondere zwischen China, Russland und den USA. Die verhindern, dass diese Mächte bei globalen Problemen weiter zusammenarbeiten, und haben zudem indirekte Effekte für Klima- und Umweltschutz: Nicht nur brauchen Streitkräfte riesige Mengen fossiler Treibstoffe. Klimaschutz wird auch in vielen Ländern zugunsten von Aufrüstung, die sehr teuer ist, auf der Prioritätenliste zurückgestuft. Insbesondere Russland ist infolge des Krieges in der Ukraine noch stärker als zuvor auf Einnahmen aus Erdöl und Erdgas angewiesen.
Aber auf längere Sicht schaffen die Erderhitzung und der Verlust an Biodiversität die größten, weil nicht umkehrbaren, Sicherheitsrisiken für die Mehrheit der Menschen. Das muss endlich auch in der Außen- und Sicherheitspolitik ernst genommen werden: Ihr mittelfristiges Hauptziel muss sein, Konflikte zwischen den Großmächten zu entspannen und so mehr Kooperation zu ermöglichen – nicht, stets das gegnerische Lager zu schwächen.
Entspannung ist allerdings unrealistisch, solange die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten andauern. Vorläufig ist daher von künftigen Gipfeln wenig zu erwarten. Daher gilt es als erstes, den Schutz globaler Gemeingüter soweit wie möglich von militärischer und machtpolitischer Konkurrenz zu trennen – ähnlich wie die USA und China es im Vorfeld des Klimaabkommen von Paris 2015 gemacht haben.
Die EU-Staaten sollten als Vorreiter vorangehen
Zudem sollten gerade die Staaten Europas beim Klima- und Umweltschutz noch stärker als bisher Vorreiterallianzen schaffen, und zwar auch über die weltpolitischen Fronten hinweg. Zum Beispiel sollten sie, wo eine Verständigung möglich ist, mit China beim Klimaschutz zusammenarbeiten und dabei auch Konflikte mit den USA unter Donald Trump riskieren. Brüssel sollte zudem darauf hinarbeiten, in Europa den Verbrauch von fossilen und anderen Rohstoffen zu verringern und globale Lieferketten nachhaltig zu machen.
Mit dem Lieferkettengesetz, der Entwaldungsverordnung und den Plänen für eine Kreislaufwirtschaft gibt es dafür schon Ansätze. Sie dürfen nicht wie zurzeit abgeschwächt und auf die lange Bank geschoben werden. Im Gegenteil: Brüssel sollte sie verstärken und mit mehr Hilfen für Entwicklungsländer verbinden, damit diese hohe Standards einhalten und selbst nachhaltiger wirtschaften können. Vorangehen, notfalls allein, ist jetzt gefragt. Vor Profiteuren der Zerstörung zurückzuweichen, ist keine vertretbare Alternative.
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