Brasiliens Präsident Lula da Silva hat beim G-20-Gipfel eine neue globale Allianz gegen Hunger und Armut vorgestellt. Was hat es damit auf sich?
Die brasilianische Regierung will damit einen Impuls gegen Armut und Hunger weltweit setzen. Die Task Force und ihre Grundlagendokumente wurden bereits Ende Juli von den G20 angenommen.
Es hat viele internationale Initiativen gegen Hunger und Armut gegeben. Was ist an dieser besonders?
Dass sie aus dem globalen Süden kommt, das ist sehr positiv. Dahinter steht, dass die von Lula da Silva geführte Regierung erneut den Hunger in Brasilien überwinden will und dafür ein starkes Symbol braucht. Die sozialen und landwirtschaftlichen Errungenschaften, die Lulas erste Regierung erreicht hatte und die Brasilien weitgehend von Hunger befreit hatten, sind unter seinen Nachfolgern Temer und Bolsonaro wieder zerstört worden.
Auf welche Mittel setzt die Initiative?
Sie verweist auf Brasiliens Programme, mit denen in Lulas erster Amtszeit erfolgreich Hunger überwunden wurde. Dazu gehören Bargeldtransfers an Bedürftige, aber auch zum Beispiel kostenloses Schulessen, das zum Teil im eigenen Landkreis und von agrarökologischen Betrieben gekauft wurde. Das hat zugleich die kleinbäuerliche agrarökologische Landwirtschaft gestärkt, die teilweise selbst von Hunger und Marginalisierung betroffen war. Hier greifen Sozialpolitik und Agrarentwicklungspolitik ineinander. Solche Programme werden jetzt in Lulas zweiter Amtszeit wieder hochgefahren.
Brasilien hatte gerade in Lulas erster Amtszeit hohe Rohstoffeinnahmen. Fehlt anderen Entwicklungsländern, etwa im Sahel, das Geld für solche Programme?
Daran wird es kranken. Hier sind die G20-Mitglieder aus dem Norden gefragt. Sie müssten die Initiative mit den nötigen Mitteln ausstatten. Damit kann man auch um Vertrauen in diesen Ländern werben. Brasilien hat Länder außerhalb der G20 eingeladen, sich zu beteiligen, aber die Wirkung hängt an den anderen G20-Mitgiedern. Einige bremsen Brasiliens Versuche, die Initiative progressiv auszugestalten. So war es in den Verhandlungen nicht möglich, in die bisher bekannten Texte starke Bezüge zum Menschenrecht auf Nahrung einzubauen. Lulas Regierung wollte auch aufnehmen, wie man Gruppen von Betroffenen an der Ausgestaltung der Ernährungspolitik beteiligt – dazu gibt es eine enge Zusammenarbeit mit dem deutschen Landwirtschaftsministerium.
Erwarten Sie, dass diese Initiative mehr gegen Hunger und Armut erreicht als frühere, falls es genug Geld dafür gibt?
Ja. Zumal Brasilien sie mit anderen diplomatischen Initiativen verbindet, etwa im UN-Komitee für Ernährungssicherheit, und sich für den Menschenrechtsansatz und die Beteiligung der Betroffenen einsetzt. Gerade angesichts der Rückschritte bei Hunger- und Armutsbekämpfung muss man diese Initiative dringend unterstützen. Wenn die Bundesregierung das Geld dafür nicht aufbringt, verpasst sie eine große Chance, international Verkrustungen aufzubrechen. Die vorliegenden Haushaltspläne sind vor diesem Hintergrund fatal.
Das Gespräch führte Bernd Ludermann.
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