Der Leitgedanke der Neujustierung, den Ministerin Svenja Schulze präsentiert hat, besteht darin, die Partnerländer stärker bei einer klimafreundlichen wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen. Grüne Wirtschaftszweige wie der Ausbau erneuerbarer Energien, sollen gestärkt und zugleich die soziale Wirkung – durch Einkommen oder Ausbildung – bei der Förderung von Unternehmen stärker beachtet werden. „Der Wandel muss so gestaltet werden, dass mehr Menschen in menschenwürdige und zukunftsfähige Beschäftigung gebracht werden“, heißt es in einer BMZ-Erklärung. Dafür will die SPD-Politikerin auch Gewerkschaften stärker in Netzwerke und Steuerungsgruppen einbeziehen.
Die eigentliche Förderung für Unternehmen soll leistungsfähiger werden. Am Anfang werde künftig mit den Partnerländern gemeinsam der Bedarf ermittelt, um dann Investitions- oder Kooperationsvorhaben anzubahnen, heißt es dazu im BMZ – statt wie bisher Projektvorschläge von Unternehmen auf ihren entwicklungspolitischen Nutzen zu prüfen. Für kurz- bis mittelfristig angelegte Vorhaben sollen dann Unternehmen, Kammern, Verbände und Gewerkschaften sowie Durchführungsorganisationen des BMZ wie die GIZ und die DEG zusammengebracht werden, erläutert das Ministerium auf seiner Website[mz1] . Unternehmen könnten so mit Kapital und Wertschöpfungskraft zur sozial-ökologischen Transformation beitragen. Umgekehrt könnten sie vom Zugang zu dem Netzwerk profitieren, über das Vertreter der Entwicklungspolitik, der GIZ oder der DEG vor Ort schon verfügen.
Als ein erfolgreiches Beispiel führen Beobachter ein ursprünglich vom BMZ geknüpftes Netzwerk für die Produktion von grünem Wasserstoff im Ausland an, das interessierte Unternehmen und öffentliche Institutionen zusammengebracht hat und heute in der Regie des Wirtschaftsministers ist: Die Stiftung H2-Global[mz2] schließt über eine Tochtergesellschaft Verträge mit potenziellen Herstellern/Lieferanten und Abnehmern, damit Infrastruktur und ein globaler Markt für grünen Wasserstoff entstehen. Der Wasserstoff soll – so der Plan – etwa für die Herstellung von Dünger in Partnerländern verwendet werden. Oder er kann als Erdgasersatz exportiert werden und für eine CO2-freie Metallerzeugung oder als Treibstoff für die Schifffahrt und LKWs dienen.
Mit einem "integrierten Ansatz" zur Energiewende
In der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Entwicklungspolitik kann es aber auch um die Unterstützung einer Energiewende gehen. So können Partnerländer bei der Entwicklung eines Einspeisegesetzes für erneuerbare Energien beraten und ergänzend Projektentwickler etwa für die Installation von Solaranlagen im Land vermittelt werden. Zu einem solchen „integrierten Ansatz“, wie es heißt, sollen in Partnerländern auch so genannte „Business Scouts“ beitragen: Fachleute die sich mit entwicklungspolitischen Fördermitteln auskennen und sie in privatwirtschaftlichen Kammern oder Verbänden bekannt machen. Der neue Ansatz soll zunächst in sechs Ländern in Afrika, Lateinamerika, auf dem Balkan und eventuell in Asien getestet werden.
Zugleich will das Ministerium die Fördermöglichkeiten entrümpeln und umsortieren – darunter das wichtigste Programm develoPPP. Die Ministerin will so auch auf Kritik reagieren, sagt sie. Laut einer DEval-Evaluierung von 2017 haben DeveloPPP-Projekte zwar den Wissens- und Technologietransfer befördert, was der Wirtschaftsentwicklung zugutekomme. Doch an den Zielgruppen der Armutsbekämpfung gingen sie meistens vorbei und seien damit eher ungeeignet für „inklusives Wachstum“.
Stimmen aus Politik und Zivilgesellschaft haben an der bisherigen Kooperation des BMZ mit der Wirtschaft Mitnahmeeffekte zugunsten der Unternehmen kritisiert. Ob die Vorhaben künftig entwicklungspolitisch wirksamer werden, soll ein neues Monitoring- und Evaluierungssystem für alle Programme zeigen.
Als Ziel soll develoPPP dem Leitbild der gerechten Transformation folgen, einschließlich der Förderung von Standards in Lieferketten sowie Impulsen für Frauen in der Wirtschaft und für die Gesundheitsversorgung – letzteres nach dem Modell der unter anderem von Deutschland geförderten Impfstoffproduktion in Südafrika. So kämen beispielsweise Ausbildungsmaßnahmen in einem ägyptischen Gaskraftwerk von Siemens künftig nicht mehr für öffentliche Zuschüsse infrage, wohl aber im umweltfreundlichen Eisenbahnbau, der dem Leitbild entspricht.
develoPPP soll konzentriert werden
Künftig soll develoPPP sich auch auf 65 Partnerländer konzentrieren. Gegenwärtig laufen 40 Prozent der Aktivitäten des Programms außerhalb dieser Ländergruppe, darunter in China. Diese sollen auslaufen. Zugleich soll die Förderung von kleinen Investitionen von bis zu vier Millionen Euro in kleinen Märkten Afrikas für Investitionen in anderen Kontinenten geöffnet werden. Das betrifft den AfricaConnect-Fonds, der europäische Unternehmen bei Investitionen in Afrika mit Darlehen zu attraktiven Konditionen unterstützt und Teil des Entwicklungsinvestitionsfonds der Bundesregierung ist. Wie es heißt, sollen deswegen nicht weniger Projekte in Afrika gefördert werden. Vielmehr könnte der staatliche Topf eines Tages mit Marktmitteln ergänzt werden.
Unternehmer haben die Instrumente zur Zusammenarbeit mit dem BMZ oft als zu kleinteilig, zu breit gefächert, zu langsam und zu bürokratisch für den Mittelstand kritisiert. Auch mit dem neuen Konzept hadern Wirtschaftsvertreter noch: Es sei nicht zu erkennen, was substanziell anders werden soll. So bemängelt der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft weiterhin eine zentrale Lücke beim Schlüsselthema Arbeitsplätze. „Der Entwicklungspolitik fehlen weiterhin Instrumente, die es deutschen Unternehmen in Entwicklungsökonomien erleichtern, die dortigen speziellen Herausforderungen leichter zu tragen, Jobs zu schaffen, oder gegenüber Konkurrenten aus China, der Türkei oder Indien wettbewerbsfähiger zu sein“, sagt Hauptgeschäftsführer Christoph Kannengießer. Doch das BMZ sehe es offensichtlich nicht als seine Aufgabe an, auf die Bedarfe der Unternehmen einzugehen.
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