Deutschlands Unterstützung des Vorhabens läuft schon eine Weile auf Sparflamme. Nun setzt die Bundesregierung der kongolesischen Naturschutzbehörde ein Ultimatum. Nur wenn mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen und gewaltsame Vertreibungen im Nationalpark Kahuzi-Biega im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) aufgeklärt würden und das Verhalten der Partner sich glaubwürdig ändere, habe die Finanzierung eine Zukunft.
Die britische Organisation Minority Rights Group (MRG) hat in einer Untersuchung „organisierte Gewalt“ der Parkbehörden angeprangert: International finanzierte und ausgebildete Parkwächter hätten indigene Batwa, die auf ihrem angestammten Land innerhalb des Parks leben, „ermordet, vergewaltigt und terrorisiert“, heißt es in der Vorstellung des Berichts.
Die Vorwürfe wiegen schwer - auch gegen Deutschland
Demnach haben gemeinsame Kontingente von Parkwächtern und Soldaten der kongolesischen Armee mindestens 20 Batwa getötet, mindestens 15 Frauen vergewaltigt und Hunderte von ihnen gewaltsam vertrieben, nachdem ihre Dörfer niedergebrannt worden seien. „Wir sind Zeugen einer Politik der staatlichen Gewalt, die darauf abzielt, eine bereits stark marginalisierte indigene Gemeinschaft zu terrorisieren, damit sie einen Park verlässt, der auf dem Land ihrer Vorfahren angelegt wurde“, sagt Agnes Kabajuni, Regionalmanagerin für Afrika bei der MRG.
Die Vorwürfe wiegen schwer, auch gegen Deutschland und die USA sowie gegen die globale Organisation Wildlife Conservation Society (WCS). Bereits im Mai 2019 seien die Geberländer informiert worden, dass die von ihnen finanzierten, ausgerüsteten und ausgebildeten Parkwächter auf Batwa geschossen hätten und die Parkbehörden beabsichtigten, sie notfalls mit Gewalt zu entfernen.
Für die Bundesregierung erklärt Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth, man nehme die Vorwürfe sehr ernst. Sollten sie zutreffen, werde sich das auf die deutsche Unterstützung des Nationalparks auswirken. Dies habe er in Gesprächen mit der kongolesischen Naturschutzbehörde und Regierungsvertretern deutlich gemacht. „Naturschutz kann nur dann nachhaltig gelingen, wenn die lokale, insbesondere die indigene Bevölkerung einbezogen wird und ihre Menschenrechte umfassend geachtet werden“, sagt Flasbarth.
Das Dilemma zwischen Naturschutz und den Rechten indigener Völker
Dem BMZ zufolge hat die Behörde eine Kommission einberufen, die die strafrechtliche Aufklärung der Vorwürfe unterstützen soll. In der Kommission sitzt auch der Autor des MRG-Berichts; ihre Arbeit wird laut BMZ zudem eng von Repräsentanten der UN-Mission MONUSCO und einem aus deutschen Projektmitteln finanzierten internationalen Experten begleitet. Sollte die Untersuchung Beweise für Straftaten ergeben, müssten diese strafrechtliche Folgen haben. „Das BMZ wird auf Basis der Ergebnisse die gegebenenfalls notwendigen Konsequenzen ziehen“, heißt es aus dem Ministerium.
Die Frage bleibt: Welche Konsequenzen? Die Naturschutzbehörde streitet offenbar ab, an den Vorkommnissen beteiligt zu sein. Zugleich ist ohne ihre Mitarbeit eine Lösung des Konflikts schwer vorstellbar. Auf der einen Seite wird der Erhalt von biologischer Vielfalt mit Waffengewalt durchgesetzt – ein Ansatz, der auch im Vorgehen gegen Wilderer immer stärker hinterfragt wird. Auf der anderen Seite wollen indigene Batwa, die teils schon am Rand des Parks angesiedelt sind, weiter im Wald ihrer Vorfahren leben und Brennholz sammeln – weswegen ihnen illegale Rodungen vorgeworfen werden.
Das BMZ hat seine Fördermittel eingefroren
Das BMZ hat seine Fördermittel schon vor zwei Jahren eingefroren, bis auf sogenannte „reduzierte Brücken-Zahlungen“ zur Abfederung sozialer Härten unter Beschäftigten und Anrainern, immerhin noch 2,9 Millionen Euro von Juni 2020 bis Dezember 2021. Das BMZ betont, dies sei unter der Bedingung einer Mediation mit den indigenen Anrainern, der Zusammenarbeit mit Menschenrechtsorganisationen, sozialen Hilfen für die Anrainer sowie dem Aufbau eines Beschwerdemechanismus geschehen. Dieser als Dialog gedachte Fahrplan scheint angesichts der von MRG bis ins vergangene Jahr hinein dokumentierten Gewaltwelle wenig gefruchtet zu haben.
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