Setzt die bisherige Zerstörung sich fort, ist der zentralafrikanische Regenwald Ende des Jahrhunderts Geschichte, fürchten Experten. Der zweitgrößte Regenwald der Erde ist die größte CO2-Senke, denn der Amazonas gibt nach Angaben des Entwicklungsministeriums wegen der dramatischen Abholzung inzwischen mehr Kohlenstoff ab, als er aufnimmt. Entwicklungsminister Gerd Müller betont, Klima und Artenvielfalt seien ohne die Tropenwälder nicht zu retten.
In einer Deklaration haben sich nun zehn Anrainer des Kongobeckens, darunter Kamerun, Kongo-Kinshasa und Kongo-Brazzaville, Gabun und die Zentralafrikanische Republik, in Berlin verpflichtet, den Waldschutz und die nachhaltige Forstwirtschaft zu stärken. Es sind Mitglieder der Kongobecken-Waldpartnerschaft (CBFP) und der zentralafrikanischen Waldinitiative CAFI. Die Erklärung wurde mit Wissenschaftlern und der Zivilgesellschaft erarbeitet und hat zum Ziel, 127 Millionen Hektar Wald bis 2030 zu schützen und wiederherzustellen – eine Fläche dreimal so groß wie Deutschland.
Arme Anwohner sehen sich häufig in der Existenz bedroht
Der Impuls kommt zur rechten Zeit, sagen Klimaexperten. Charlotte Streck von der Universität Potsdam begrüßt das deutsche Engagement, fordert aber, die „Entwaldungstreiber“ gezielt anzugehen. Die Entwicklungspolitik könne Weichen so stellen, dass etwa beim Anschluss von Siedlungen an Straßen der Wald nicht für weiteren Kahlschlag geöffnet werde. Land- und Weidewirtschaft müssten nachhaltig gestaltet werden. Dass der Wald für 40 Millionen Menschen im Kongobecken Quelle von Ernährung, Lebensraum, Energie, Medizin und Spiritualität ist, unterstreicht auch CAFI.
Deshalb stößt der bisherige Ansatz von Naturschutzgebieten an Grenzen. 20 Millionen Hektar sind davon in der Region ausgewiesen. Der Nachteil: Arme Anwohner sehen sich häufig in der Existenz bedroht. Es gilt, die örtliche Bevölkerung in nachhaltige Waldwirtschaft einzubeziehen.
Lokale Zivilgesellschaft einbeziehen
Umweltschutz wird nur erfolgreich sein, wenn er auch den Menschen zugutekommt, betont Ilka Herbinger, Programmleiterin für Zentral- und Westafrika beim WWF. Der bisherige Fortschritt macht aus ihrer Sicht aber Mut, dass das Schutzziel von über 120 Millionen Hektar erreichbar ist. „Der Ansatz ist gut“, sagt sie. Das Kongobecken habe noch relativ niedrige Entwaldungsraten, zugleich sei in die Lebensgrundlagen der Bevölkerung investiert worden. Deutschland unterstützt das finanziell. Die lokale Zivilgesellschaft werde gestärkt und in den Waldschutz nicht nur als Begünstigte, sondern als Inhaberin von Rechten einbezogen, sagt Herbinger.
Auch Greenpeace sieht die Kongobecken-Deklaration als Schritt in die richtige Richtung. Wenn Schutzgebiete unter Beteiligung indigener Gemeinden etabliert und vor Abholzung geschützt werden, sei das ein wichtiger Baustein für mehr Klima- und Naturschutz, sagt Experte Christoph Thies. Doch er ist auch skeptisch. So vergebe die Deutsche Bank einen „Nachhaltigkeitskredit“ an den Kautschukriesen Halcyon Agri und belohne damit dessen Besitzer, Chinas Staatskonzern Sinochem. Der sei in Kamerun für Waldzerstörung direkt neben dem UNESCO-Weltnaturerbegebiet Dja und für die Vertreibung indigener Baka-Gemeinden verantwortlich. Deutschland und die EU importierten zudem in großem Stil Holz, Kautschuk, Palmöl, Kakao, Kaffee und Bananen – Produkte, für die viel Wald im Kongobecken zerstört werde.
Neuen Kommentar hinzufügen