Nach der Corona-Krise droht die Schuldenbremse

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AFP via Getty Images/PIUS UTOMI EKPEI
Handhygiene in einer Grundschule in Lagos, Nigeria. Dank zusätzlicher Mittel zur Bewältigung der Corona­krise bleibt der Entwicklungs­haushalt im kommenden Jahr stabil.
Berlin
Im vergangenen Jahr war die deutsche Entwicklungshilfe auf Rekordhöhe, bis 2025 hingegen soll sie um ein Viertel schrumpfen. Minister Gerd Müller protestiert.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat dem Entwicklungsministerium in den kommenden Jahren Bescheidenheit verordnet. Nach dem Entwurf des Bundeshaushalts 2022 verharren die Ausgaben zunächst auf dem Niveau des laufenden Jahres. Zwar sehen die vom Kabinett im März beschlossenen Eckwerte 10,8 Milliarden Euro vor, das sind 13 Prozent weniger als im laufenden Jahr. Es kommen laut Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) aber 1,5 Milliarden Euro Sondermittel für die internationale Bekämpfung der Corona­-Krise hinzu. Damit würde das diesjährige Volumen von 12,4 Milliarden Euro fast erreicht.

Wie zudem im Eckwertepapier hervorgehoben wird, sei für die ODA-relevanten Ausgaben, also einschließlich der Mittel der für humanitäre Hilfe und internationalen Klimaschutz zuständigen Ressorts, ein Anstieg um 2,4 Milliarden Euro gegenüber dem bisherigen Finanzplan geplant. Im Etat fürs Gesundheitsministerium stelle die Bundesregierung überdies zusätzlich 162 Millionen Euro für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre globalen Aufgaben in der Pandemie bereit.

Die Schuldenbremse greift wieder

In den Folgejahren steuert der Entwicklungsetat laut dem Finanzplan 2023–2025 auf eine deutliche Absenkung zu, nämlich um 25 Prozent. Dann greift auch die in der Corona-Krise gelockerte Schuldenbremse wieder. Die vorgesehenen Kürzungen auf jeweils 9,3 Mrd. Euro pro Jahr lehnte Müller als inakzeptabel ab, weil sie den Herausforderungen der Zukunft nicht gerecht würden. „Wir könnten damit nicht einmal unsere bestehenden internationalen Verpflichtungen einlösen“, erklärte er. 

Auch der Verband Entwicklungspolitik (Venro) besteht auf einer verlässlichen Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe. Deutschland habe für seine Soforthilfen zur Bewältigung der Corona-Pandemie und der Folgen viel Anerkennung bekommen, sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Bornhorst. „Die Regierung darf jetzt in ihrem finanziellen Engagement für eine global gerechte Welt nicht nachlassen.“ Die Planung müsse auch künftig jährlich mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) gewährleisten. Alles andere würde den Aufgaben aus der durch Corona steigenden Armut nicht gerecht.

Venro fordert auch künftig eine Quote von 0,7 Prozent

Müller, der zum Ende der Legislaturperiode abtritt, kann noch bis Juni in Verhandlungen mit dem Finanzministerium versuchen, für mehrjährige Programme Zusagen festzuschreiben, sogenannte Verpflichtungsermächtigungen. Das Kabinett beschließt den Entwurf zum Bundeshaushaltsplan 2022 und zum Finanzplan bis 2025 Ende Juni. Rückblickend hält Müller sich zugute, seinen Haushalt in zwei Legislaturperioden verdoppelt zu haben. Der Etat stieg in seiner ersten Amtszeit 2013–2017 von 6,3 auf 8,5 Milliarden Euro und in der zweiten von 2018–2021 von 9,4 auf 12,4 Milliarden Euro. Jeweils zusätzliche Mittel zur Bewältigung der Syrien-, Flüchtlings- und Corona-Krise haben dazu beigetragen.

Die immer wieder als Richtschnur hochgehaltene ODA-Marke von 0,7 Prozent des BNE für die Entwicklungszusammenarbeit hat Deutschland 2020 übertroffen, wie der Entwicklungsausschuss der Industrieländerorganisation OECD im April bescheinigte. Demnach sind die Entwicklungsinvestitionen aus Deutschland 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 13,7 Prozent gestiegen; die ODA-Quote lag bei 0,73 Prozent. Der Anstieg geht vor allem auf zusätzliche Ressourcen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und auf die bilaterale Kreditvergabe zurück. 

Insgesamt 160 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020

Insgesamt haben die OECD-Geberländer im vergangenen Jahr gut 160 Milliarden US-Dollar für Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt. Deutschland gehört mit Finnland, Frankreich, Island, Kanada, Norwegen, Schweden, der Schweiz, der Slowakischen Republik und Ungarn zu den Ländern, die ihre ODA-Mittel in der Corona-Krise erheblich aufgestockt haben. In 13 Ländern gingen sie dagegen zurück, insbesondere in Australien, Griechenland, Italien, Südkorea, Luxemburg, Portugal und in Großbritannien. OECD-Generalsekretär Angel Gurría erklärte, diese Krise stelle den Multilateralismus und das Konzept der Entwicklungszusammenarbeit auf die Probe. „16 Billionen Dollar haben die Regierungen weltweit für Konjunkturpakete bereitgestellt. Nur ein Prozent dieser Summe wurde mobilisiert, um Entwicklungsländern bei der Bewältigung einer Krise zu helfen, wie es sie zu unseren Lebzeiten noch nicht gegeben hat.“

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