Am Drohnenflugplatz Gitaramo im Bezirk Muhanga bringt der Pharmazeut Michel eine medizinische Lieferung auf den Weg.
Gerade ist das Signal aus dem Funkturm gekommen: Der Himmel ist frei. Der Pharmazeut Michel wirft einen letzten Blick auf den Monitor und zählt die Sekunden rückwärts. Dann startet die Drohne mit einem Surren in den Himmel über den Süden Ruandas. Zwei Ladungen Blutkonserven schickt jedes der kleinen Flugzeuge über das Bergland. „Die abgelegenste Klinik, die wir von hier aus erreichen, ist 45 Flugminuten entfernt“, sagt Michel. „Früher hätte es Stunden oder Tage gedauert, bis das Blut da ankommt, wo es gebraucht wird.“ Für den jungen Mann ist, was seit 2016 in seinem Heimatland möglich ist und vom kalifornischen Start-Up Zipline entwickelt wurde, ein kleines Wunder. An zwei Standorten in Ruanda sind insgesamt 60 Drohnen im Einsatz.
Gerade ist eine neue Bestellung eingegangen. Michel nimmt das Paket aus dem Labor entgegen. Dann setzt er den Rumpf der Drohne auf die Rampe auf. In der 30 Kilometer entfernten Klinik in Gikonko heißt es warten. Hier sitzen Greise mit Krückstöcken, die kilometerweit hierhergelaufen sind. 1974 wurde das Hospital Gikonko, das vom deutschen Institut St. Bonifatius getragen wird, gegründet. Die Klinikchefin und Chirurgin Uta Düll hat nach dem Völkermord in Ruanda die zerstörte Klinik wiederaufgebaut und zu einem medizinischen Zentrum in der Region gemacht, das sich auf Operationen rund um die sogenannte Wasserkopfkrankheit spezialisiert hat. Bis zu 100 der schwierigen Eingriffe werden hier pro Jahr durchgeführt. Zwischen einem und drei von 1000 Kindern kommen in Ruanda mit der lebensbedrohlichen Einschränkung zur Welt.
„In 30 Minuten kommt die Drohne“, sagt Düll mit Blick auf ihr Handy. Zipline hat ihre Anfrage per WhatsApp bestätigt. Exakt zum angegebenen Zeitpunkt wird das kleine Flugzeug am Himmel sichtbar. Es wird langsamer, kreist und wirft das Paket ab. Von einem kleinen Fallschirm getragen, segelt es zu Boden. Im Frühjahr 2019 expandierte Zipline ins westafrikanische Ghana. Mit 110 Kilometern pro Stunde sind nun auch dort die unbemannten Flugzeuge unterwegs, um Blutkonserven, Impfstoffe, Medikamente – zuletzt auch Corona-Tests – in entlegene Regionen zu befördern. Eine Million Kilometer haben die Drohnen bereits in Ruanda zurückgelegt.
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