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Entwicklungshilfe
In den Schweizer Medien ist von einer „Neuausrichtung“, gar einem „Umpflügen“ der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit die Rede. Fest steht, dass die Regierung wirtschaftliche und migrationspolitische Eigeninteressen der Schweiz in den Fokus der Entwicklungshilfe rücken will.

Der Bundesrat hat bereits Ende November 2018 die Schwerpunkte für die „Botschaft über die internationale Zusammenarbeit der Schweiz 2021–2024“ festgelegt: Im Mittelpunkt stehen demnach die Bedürfnisse der Bevölkerungen in den Partnerländern, aber auch die Förderung Schweizer Interessen bezüglich Wirtschaft, Migration und Sicherheit. Zudem sollen wirtschaftliche Aspekte wie die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor und insbesondere „die strategische Wechselwirkung zwischen Migrationspolitik und internationaler Zusammenarbeit“ "intensiviert" werden.

Vorgesehen ist außerdem, die bilaterale Unterstützung auf vier Schwerpunktregionen zu fokussieren – mit Ausstieg aus Lateinamerika, wo die Schweiz seit den 1950er Jahren Entwicklungshilfe leistet. Voraussichtlich im Frühjahr 2020 wird das Parlament über die Botschaft abstimmen; davor wird sie öffentlich zur Diskussion gestellt (siehe Kasten).

Die Regierung stellt sich der Öffentlichkeit

Nichtstaatliche Organisationen, Parteien, Interessengruppen und die breite Öffentlichkeit können sich erstmals bei der strategischen und inhaltlichen Ausrichtung der schweizerischen ...

Während „zu vieler Jahren“ sei die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit „zu fragmentiert“ gewesen, sagte Außenminister Ignazio Cassis in einem Radio-Interview. Um genügend „Schlagkraft“ zu erreichen, müssten „die Kräfte konzentriert werden“. Es handle sich dabei aber nicht um eine „Sparübung“, betonte er, das Budget für die vier Jahre soll bei 11,37 Milliarden Schweizer Franken bleiben.

Der Bundesrat setzt die ODA-Quote, also den Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen, für 2021-2024 auf 0,45 Prozent fest, einschließlich der Ausgaben für die Unterbringung von Flüchtlingen in der Schweiz. 2017 bis 2020 waren es noch 0,48 Prozent gewesen. Alliance Sud, die Arbeitsgemeinschaft sechs Schweizer Entwicklungsorganisationen, kritisiert diesen Abwärtstrend und fordert, den Parlamentsbeschluss von 2015 für eine ODA-Quote von 0,5 Prozent endlich umzusetzen.

Kritik an Verknüpfung mit Migrationspolitik

Entwicklungsorganisationen, linke Parteien und Politiker kritisieren die zunehmende Nähe der staatlichen Entwicklungshilfe zum Privatsektor und die Verknüpfung mit der Migrationspolitik. So will die Regierung, Entwicklungsgelder an die Rücknahme von abgewiesenen Asylbewerbern koppeln. Anfang Mai sagte Cassis, die Migration solle ein höheres Gewicht in der Entwicklungshilfe bekommen.

Das kritisiert auch Susanna Moorehead, die britische Leiterin des Entwicklungshilfeausschusses der OECD. Der im April veröffentlichte Prüfbericht der OECD (Peer Review) gibt der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit zwar gute Noten, Moorehead warnt aber vor einem Reputationsschaden. Der Bevölkerung zu versprechen, man könne mit Entwicklungshilfe Migration verhindern, sei falsch, sagt sie. Die Schweiz solle mit langfristigen Projekten Armut bekämpfen, nachhaltige Entwicklung fördern und Arbeitsstellen schaffen.

Dass Entwicklungshilfe kein geeignetes Druckmittel sei, glaubt auch Manuel Sager, Direktor der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA. Hilfsgelder mit migrationspolitischen Forderungen zu verknüpfen, wirke nicht, weil die Beträge zu klein seien und damit die „Hebelwirkung“ zu gering sei, erklärte er in einem Fernsehinterview. Außerdem würde man damit die von Armut betroffene Bevölkerung in den Partnerländern bestrafen.

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erschienen in Ausgabe 6 / 2019: Arznei und Geschäft
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