„Die DEG ist keine Privatbank“

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Die Finanzierung von Entwicklungsprojekten über Fonds in Steueroasen ist falsch: Der Linken-Abgeordnete Niema Movassat erklärt, warum die DEG besondere Verantwortung trägt und wer von den Investitionen am stärksten profitiert.

Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) fördert Unternehmen in Entwicklungsländern. Zum Teil macht sie das über Beteiligungsfonds, die in Offshore-Finanzplätzen registriert sind. In unserer Juliausgabe hat DEG-Bereichsleiter Hubertus von Plettenberg erklärt, warum das sinnvoll und gerechtfertigt ist. Niema Movassat von der Bundestagsfraktion der Linken überzeugt das nicht: Die DEG verstecke sich hinter Scheinargumenten.

Was genau kritisieren Sie an der Praxis der DEG?
Die DEG macht sich damit zum Teil der perversen Maschinerie der Steuervermeidung internationaler Banken. Und sie handelt intransparent: Das Geld der DEG fließt in Fonds und von dort in Unternehmen, die sie fördern will. Man weiß aber gar nicht genau, welche Unternehmen das sind. In ihrem Geschäftsbericht nennt die DEG neun Fonds in Steueroasen. Auf der Website der DEG findet man aber nur zu einem dieser Fonds weitere Informationen – und zwar nur, dass er in ausgewählte sozial verantwortliche Unternehmen in Bangladesch, Indonesien, Sri Lanka und Pakistan investiert. Diese Intransparenz ist mit entwicklungspolitischen Zielen nicht vereinbar.

Ist das ein spezielles Problem der Geschäfte über Offshore-Fonds oder der DEG generell?
Es ist ein generelles Problem der DEG. Zwar veröffentlicht sie seit 2015 Informationen zu Projekten, wenn die geförderten Unternehmen dem zustimmen. Aber auch diese Informationen sind sehr spärlich. Die Öffentlichkeit kann nicht überprüfen, ob die DEG entwicklungspolitische Ziele erfüllt, wie sie sagt. Das ist für einen öffentlichen Entwicklungsfinanzierer kein haltbarer Zustand.

Dann hat die Intransparenz also nichts damit zu tun, dass die Geschäfte über Offshore-Fonds abgewickelt werden?
Sie wird dadurch noch verschärft. Wenn die DEG direkt in ein Unternehmen investiert, kann ich relativ leicht herausfinden, was dieses Unternehmen macht. Wenn aber das Geld erst in einen Offshore-Fonds fließt und von dort in andere Unternehmen, weiß ich überhaupt nicht mehr, was passiert. Die DEG sagt zwar, sie investiere nur in Offshore-Zentren, die die OECD-Richtlinien für Transparenz einhalten. Die sind aber nicht viel wert, da nach ihnen nur sehr wenige Finanzplätze ausscheiden.

Die DEG begründet die Intransparenz in der Regel mit dem Geschäftsgeheimnis der Unternehmen und der beteiligten Investoren. Gleichzeitig nimmt sie für sich in Anspruch, dass sie genau weiß, was mit ihrem Geld passiert und dass es entwicklungspolitisch sinnvoll investiert ist. Das genügt Ihnen nicht?
Das reicht mir natürlich nicht. Wir sind in der Entwicklungspolitik heute doch schon weiter, als dass einer sagt, alles ist gut. Es stimmt, die DEG sagt, sie prüfe alles genau. Aber es gibt einfach zu viele Beispiele für DEG-Finanzierungen, zu denen es Kritik gibt, um es mal vorsichtig zu sagen. Rechenschaftspflicht und Nachprüfbarkeit sind Grundsätze der Entwicklungszusammenarbeit. Die fordern wir von den Ländern des Südens, da müssen wir das auch selbst erfüllen.

Wäre es für Sie akzeptabel, wenn die Fonds nicht in Offshore-Finanzplätzen wären, sondern zum Beispiel in Deutschland?
Das macht schon einen Unterschied. Warum investiert die DEG denn in Offshore-Fonds? Sie begründet das mit der Rechtssicherheit für die Anleger. Hubertus von Plettenberg sagt, Privatanleger wollten nicht in Ländern wie Simbabwe oder in Bangladesch investieren, weil es mit ihnen möglicherweise kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt. Mit diesen beiden Ländern gibt es aber solche Abkommen, seit 1988 und seit 1990. Das heißt, dass Argument der Rechtssicherheit stimmt nur bedingt. Doppelbesteuerungsabkommen gibt es nicht nur mit Offshore-Finanzplätzen, sondern auch mit vielen anderen Ländern wie Ghana oder der Elfenbeinküste. Das ist also nicht der zentrale Grund, warum die DEG das macht.

Sondern?
Doppelbesteuerungsabkommen ist nicht gleich Doppelbesteuerungsabkommen: Es gibt solche, die Steuerfreiheit vorsehen, und andere, die eine Steuerpflicht festschreiben. Die DEG sucht sich natürlich die Finanzplätze aus, die Steuerfreiheit vorsehen, um Privatanleger anzulocken. Denn die gehen lieber dahin, wo sie Steuern sparen können. Der Grund ist also nicht die Rechtssicherheit – die hätte man auch woanders –, sondern es sind die günstigen Steuerbedingungen. Das sollte die DEG auch so sagen, anstatt sich hinter Scheinargumenten zu verstecken.

Sie haben einer Zeitung gesagt, die DEG unterstütze „aktiv die Steuerflucht aus den Ländern des globalen Südens“. Wem hilft die DEG dabei, Steuern in einem bestimmten Land nicht zu zahlen, obwohl er es eigentlich müsste?
Ein Unternehmen, das etwa in Bangladesch tätig ist und über einen Offshore-Fonds finanziert wird, zahlt natürlich vor Ort Steuern. Aber der Fonds selbst zahlt keine Steuern, weil er dort nicht sitzt. Das ist schon mal ein Steuervorteil auf Kosten des Landes. Der Hauptsteuervorteil aber liegt bei den Kapitalanlegern. Sie sind die eigentlichen Nutznießer der Offshore-Konstruktionen, nicht etwa die Unternehmen in den Entwicklungsländern. Für die Anleger ist die DEG-Praxis ein Steuersparmodell.

Aber die Anleger würden ohne diesen Vorteil ihr Geld wahrscheinlich woanders anlegen und es stünde entwicklungspolitischen Zwecken nicht mehr zur Verfügung. Warum lassen wir ihnen nicht den Steuervorteil, solange das Geld sinnvoll verwendet wird?
Die Frage ist: Wird die DEG damit ihrer entwicklungspolitischen Vorbildfunktion gerecht? Diese Art Steuersparmodell wird bei uns ja schon länger sehr kritisch diskutiert. Und die DEG öffnet dem Tür und Tor. Da fällt es schwer, gleichzeitig Privatbanken vorzuwerfen, dass sie ihre Kapitalanleger in Steueroasen locken. Die DEG wäre deshalb gut beraten, einen anderen Ansatz zu finden. Das Ziel der DEG kann nicht das einer Privatbank sein, möglichst viel Kapital zu akquirieren. Sie hat entwicklungspolitische Vorgaben, deshalb muss sie andere Prioritäten setzen. Der Zweck heiligt nicht alle Mittel.

Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2016: Tourismus: Alles für die Gäste
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