Schon mit seinem ersten Haushaltsentwurf hat sich der neue Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Ärger des Koalitionspartners eingebrockt. Ist der Etat 2018 noch unumstritten, so haben die Ministerien für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie für Verteidigung Mehrbedarf für die Eckwerte 2019 bis 2022 angemahnt. Die Finanzplanung reiche nicht aus, um Koalitionsversprechen zu erfüllen, erklärten sie. „Deshalb haben beide Minister heute im Kabinett angekündigt, dass sie den Eckwerten 2019 nur in der Erwartung zustimmen, dass im Verlauf des Haushaltsverfahrens hier nachgebessert wird.“
Entwicklungsminister Gerd Müller hat seinem Finanzminister zunächst einen kräftigen Anstieg seines Budgets abgerungen. Es soll in diesem Jahr gegenüber 2017 um 900 Millionen Euro auf 9,4 Milliarden Euro steigen. Schon 2019 und in den drei Jahren bis 2022 soll der Etat dann wieder auf unter 9 Milliarden Euro sinken. Rein rechnerisch ist vorläufig nicht mehr drin. Denn die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist im Koalitionsvertrag so angelegt.
Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und für Verteidigung dürfen demnach über die bisherige Finanzplanung hinaus nur um 2 Milliarden Euro steigen – außer, eine weiter gute Konjunktur und erkleckliche Steuereinnahmen schenken dem Finanzminister zusätzlichen Spielraum. Dann müssten laut dem vereinbarten Mechanismus für jeden Euro, den Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zusätzlich bekommt, auch Müller und Heiko Maas im Auswärtigen Amt in gleicher Höhe bedacht werden.
Internationale Verantwortung wird gestärkt
Denn alle drei Ministerien sollen für die internationale Verantwortung gestärkt werden: zur „Schließung von Fähigkeitslücken der Bundeswehr und der Stärkung der europäischen Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich“ und, gleichermaßen, zur „Stärkung der zivilen Instrumente der Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen einer umfassenden gemeinsamen Friedens- und Sicherheitspolitik“. Das ist eine von sechs Prioritäten der Finanzplanung.
Wenn in Müllers Budget der Großteil der zugeteilten Mehrausgaben nun schon für die ersten beiden Jahre verplant wird, dann ist er daran vermutlich nicht unschuldig: Er dürfte tatsächlich auf „zusätzlichen Spielraum“ für 2019 und danach spekulieren. Zum anderen lässt sich ein einmal erkämpfter Aufwuchs erfahrungsgemäß leichter halten als ein Plus neu verhandeln. Allerdings löst das 2018 auch einen enormen Druck für den Abfluss von Mitteln aus.
"Ein Desaster für die Planung"
Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender des Verbandes Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen (Venro), kritisiert, dass so viele Programme aus dem Boden gestampft werden müssten, deren weitere Finanzierung dann nicht gesichert sei. „Das ist ein Desaster für die Planung nachhaltiger Entwicklungsvorhaben.“
Die ODA-Quote, also der Anteil der Wirtschaftsleistung (BIP), den der Staat für Entwicklungspolitik ausgibt, dürfte 2018 zu halten sein. Scholz widersprach vor Journalisten Befürchtungen, Union und SPD würden ihr Ziel verfehlen, die Quote wenigstens stabil zu halten. Ein Absinken sollte 2018 verhindert werden. Mit 0,5 Prozent – ohne die Berücksichtigung von Kosten für Flüchtlinge im Inland – werde dies erreicht, sagte Scholz. 2017 lag der Anteil bei 0,66 Prozent, einschließlich der Flüchtlingskosten.
Kann Merkel ihr Versprechen halten?
Mittelfristig sieht die Rechnung anders aus. Mit der geplanten Ausgabenentwicklung ist nicht absehbar, wie die Wunschquote von 0,7 Prozent des BIP erreichbar wäre. Dabei hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung im März noch versprochen, sie werde nicht eher ruhen, bis man dort angelangt sei. Wollte man die Quote seriös auf 0,7 Prozent erhöhen, dann müsste laut einer Modellrechnung des Verbands Venro in der Legislaturperiode ein zweistelliger Milliardenbetrag verplant werden.
Entwicklungsorganisationen wie Brot für die Welt können daher die Versprechen der Koalitionäre nicht so richtig ernst nehmen. Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel hält „deutlich mehr Geld“ für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe für erforderlich. Gerade der Bedarf an humanitärer Hilfe ist wegen der vielen kriegerischen Konflikte in den vergangenen Jahren stark gewachsen. 2018 steigen diese Ausgaben nun um 294 Millionen Euro auf rund 1,5 Milliarden Euro. Danach muss sich das zuständige Auswärtige Amt mit einem ebenfalls schrumpfenden Budget begnügen: Das BMZ und das AA kommen 2018 und 2019 auf einen gemeinsamen Etat von je knapp 15 Milliarden Euro, danach werden es jährlich über 1 Milliarde Euro weniger.
Der Bundestag wird sich nun zunächst in erster Lesung Mitte Mai mit dem Etat 2018 befassen. Anfang Juli soll der Haushalt mit Gesamtausgaben von 341 Milliarden Euro stehen. Parallel beginnt das Tauziehen um die Folgejahre ab 2019, für die die Minister Müller und von der Leyen künftig ein besonderes Zweckbündnis eingehen werden.
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