Die Pfingstbewegung ist die am schnellsten wachsende religiöse Bewegung in Afrika. Auch in Ruanda hat sie großen Zulauf. Ihr Einfluss auf die Politik hat sich bisher allerdings in Grenzen gehalten. Anders als in Uganda, wo die Regierung 2014 auf Druck evangelikaler und charismatischer Gruppen ein Gesetz erlassen hat, das Homosexualität mit drakonischen Strafen ahndet. Kenia hat 2015 mit einem Religionsgesetz freikirchlichen Predigern einen Riegel vorgeschoben. Nun also auch Ruanda. Anfang März haben die Behörden mehr als tausend Kirchen schließen lassen. Allein in der Hauptstadt waren es 714. Als offizielle Begründung wurden mangelnde Sicherheit und Hygiene genannt.
Dass die bauliche Sicherheit von Kirchengebäuden in Afrika immer wieder ein Problem ist, zeigte sich 2016 in Nigeria, als das Dach einer Kirche einstürzte und mehr als 160 Menschen getötet wurden. Und in Ruanda selbst lieferte dieser Tage ein schweres Gewitter den Behörden den nachträglichen Beweis für die Richtigkeit ihres Vorgehens. Bei einem Blitzschlag in eine Kirche wurden 15 Gottesdienstbesucher getötet sowie 140 weitere verletzt. Das Kirchengebäude hatte keinen Blitzableiter, obwohl die Region im Grenzgebiet zu Burundi für schwere Gewitter bekannt ist.
Gegen wachsenden Einfluss der Pfingstkirchen?
Hinter der Schließungswelle könnten aber auch noch andere Motive stecken als die Sorge der Behörden um die Sicherheit der Bürger des Landes. So wurden kurz nach der Maßnahme sechs Geistliche von Pfingstkirchen, die zum Protest gegen die Schließungen aufrufen wollten, mit der Begründung verhaftet, sie planten einen Volksaufstand. Im September dieses Jahres finden Parlamentswahlen statt. Insbesondere Pfingstkirchen verfügen dank der großzügigen Unterstützung ihrer Glaubensbrüder in den USA über große Säle, in denen sie viele Leute versammeln und mit politischen und sozialen Ideen erreichen können, die dem Regierungskurs zuwiderlaufen.
Die Schließungswelle kann aber auch als ein Warnschuss an alle Religionen verstanden werden. Ruandische Medien berichten von Plänen der Regierung für einen Gesetzentwurf, der – ähnlich wie in Kenia – vorsieht, dass jeder, der eine Gemeinde leitet, dem Staat gegenüber eine theologische Ausbildung nachweisen muss. Mitte März gerieten schließlich auch die Gottesdienststätten der muslimischen Minderheit (fünf Prozent der Bevölkerung) ins Visier der Behörden. In einem Stadtteil der Hauptstadt Kigali, in dem viele Muslime leben, darf seit dem 14. März der Muezzin nicht mehr öffentlich vom Minarett zum Gebet rufen. Die offizielle Begründung lautet: Lärmbelästigung.
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