Debatte über Pflichtbeiträge

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Syrische Flüchtlinge im Libanon
Logan Abassi/UN Photo

Das Welternährungsprogramm verteilt in Les Cayes, Haiti, Nahrungsmittel an Oper des Hurrikans Matthew.

Humanitäre Hilfe
Wo immer Menschen in Not sind, sind die Vereinten Nationen zur Stelle. Aber in vielen Fällen reicht das Geld nicht, um angemessen zu helfen. Ein Grund: Die Zusagen der UN-Mitglieder sind schwer berechenbar. Sollte man die Staaten auf bestimmte Beiträge verpflichten?

In den vergangenen Monaten haben unter anderem Außenminister Sigmar Gabriel und Entwicklungsminister Gerd Müller mehrfach beklagt, dass humanitäre UN-Organisationen unterfinanziert sind. Müller hat im April vorgeschlagen, einen humanitären UN-„Krisenreaktionsfonds” von zehn Milliarden Euro zu schaffen, die durch gestaffelte staatliche Beiträge aufzubringen wären. Eine Sprecherin des Entwicklungsministeriums (BMZ) teilte auf Nachfrage allerdings mit, über die Frage, wie der Fonds finanziert werden soll, werde noch in „verschiedenen Gremien beraten“ – ohne  allerdings zu erläutern, in welchen.

Die Haushalte des UN-Flüchtlingskommissars (UNHCR) und des UN-Welternährungsprogramms (WFP) werden zu weniger als zwei Prozent aus Pflichtbeiträgen der Staaten finanziert, bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind es etwa 20 Prozent. Der Rest stammt jeweils aus freiwilligen Beiträgen. UN-Generalsekretär António Guterres hat 2014 und 2015 noch in seiner damaligen Funktion als UN-Flüchtlingskommissar vorgeschlagen, Projekte humanitärer UN-Organisationen in großen Krisen wie Syrien oder Jemen ähnlich wie im Falle von Friedensmissionen der UN durch abgestufte Beitragspflichten aller Staaten zu finanzieren. Der Beitragsschlüssel für das Jahresbudget von Friedensmissionen legt fest, dass die USA 28 Prozent, China und Japan jeweils etwa zehn Prozent und Deutschland 6,4 Prozent tragen.

Bausteine für ein besseres System

Das Auswärtige Amt und das BMZ lehnten es auf Nachfrage ab, zu dem Vorschlag von Guterres Stellung zu nehmen, während Mitglieder des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen dazu bereit waren. Für  den Ausschussvorsitzenden Matthias Zimmer (CDU) ist die Debatte um Pflichtbeiträge „hypothetisch“: Die große Mehrheit der Staaten und NRO befürwortete eine Reform des jetzigen Systems und sei gegen Pflichtbeiträge, die die Gefahr „neuer Bürokratie“ bergen.

Frank Heinrich (CDU) hingegen unterstützt „voll und ganz“ diesen Vorschlag, der aber „behutsam und schrittweise“ umgesetzt werden sollte. Für SPD-Politikerinnen Ute Finckh-Krämer und Gabriela Heinrich „könnte die Finanzierung der Grundstrukturen von WFP und UNHCR“ durch Pflichtbeiträge ein „Baustein“ eines besseren Systems sein; sie dürften aber nicht dazu führen, dass die staatlichen Mittel für nichtstaatliche Organisationen zurückgehen. Uwe Kekeritz (B90/Die Grünen) befürwortet „in einem ersten Schritt“, dass „Pflichtbeiträge für die Kernbudgets der verschiedenen Organisationen der UN angehoben“ und „projektbezogene Finanzierungsbeiträge“ reduziert werden.

Syrien hat die höchste Priorität

Für Deutschland und die große Mehrheit der Staaten ist humanitäre Hilfe – trotz gegenteiliger Beteuerungen – ein Instrument, um außen- und innenpolitische Ziele zu verfolgen. Aus diesem Grund finanzieren Regierungen humanitäre Hilfe stärker in Krisengebieten, die für diese Ziele wichtiger sind, als Krisen mit geringerer Relevanz. So hat Syrien zurzeit eine höhere Priorität als Sudan oder die Zentralafrikanische Republik. Guterres‘ Vorschlag würde den Spielraum der Regierungen einengen, die Hilfe als Instrument einzusetzen.

Laut Bundesregierung hat Deutschland die gesamte humanitäre Hilfe 2014 mit 1,28 Milliarden Euro, 2015 mit 1,1 Milliarden Euro und im Jahr 2016 mit 3,2 Milliarden Euro unterstützt, insbesondere für syrische Flüchtlinge. Für diese Flüchtlingsgruppe wurden 2016 wesentlich mehr Mittel bereitgestellt als 2015, weil sie zu einem innen- und außenpolitischen Problem der Bundesregierung wurde. Nach Angaben des UN-Büros zur Koordination humanitärer Hilfe (OCHA) war der Bedarf an humanitärer Hilfe für diese Gruppe hingegen 2015 und 2016 fast gleich hoch.

Der UN-Nothilfekoordinator bezifferte den globalen Bedarf an humanitärer Hilfe von UN- Organisationen 2016 auf circa 20 Milliarden US-Dollar. Wenn die Pflichtbeiträge in einem künftigen Beitragssystem nach dem bei UN-Friedensmissionen benutzen Beitragsschlüssel berechnet würden, hätte 2016 der deutsche Anteil circa 1,3 Milliarden US-Dollar betragen, also nur zwei Fünftel der von der Bundesregierung in diesem Jahr tatsächlich bereitgestellten Mittel. In den Jahren 2014 und 2015 entsprachen die Beiträge Deutschlands 7,2 beziehungsweise 5,8 Prozent des jeweiligen UN-Jahresbedarfs.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2017: Religion und Umwelt
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